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# taz.de -- Protest in Griechenland: Athen im Belagerungszustand
> Mit einer Blockade des Finanzministeriums empfangen Demonstranten die
> Finanzexperten der Troika. Im öffentlichen Dienst sind massive
> Stellenstreichungen geplant.
Bild: "So geht es nicht weiter": Demonstranten in Athen.
STRASSBURG taz | Kurz vor der Rückkehr der Troika wird der Ton in
Griechenland rauer: Tausende von aufgebrachten Menschen blockierten am
Donnerstag die Eingänge zu den Ministerien, um den Finanzinspektoren der
EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen
Währungsfonds (IWF) den Zugang zu ihren griechischen Verhandlungspartnern
in der Regierung zu versperren.
Zunächst wurden die Ministerien für Finanzen, Wirtschaft, Justiz,
Gesundheit sowie Arbeit und Soziales belagert. Die Protestaktionen sollten
auf weitere Behörden und Ministerien ausgeweitet werden, hieß es am
Donnerstagmittag zunächst in Athen. Wenige Stunden später machten die
Gewerkschaften einen Rückzieher und erklärten, sie würden im
Finanzministerium bleiben und dort über das weitere Vorgehen beraten.
Der neue Chef der Beamtengewerkschaft Adedy Kostas Tsikrikas gab sich
kämpferisch: "Wir wollen eine deutliche Botschaft an die Regierung senden:
So geht es nicht weiter. Wir haben bereits Lohnkürzungen von bis zu 50
Prozent hinnehmen müssen", sagte er in Athen.
## Heilige Kühe geschlachtet
Als wären das nicht genug, werden jetzt im griechischen Staatsapparat auch
noch "heilige Kühe" geschlachtet. Erstmals seit 1911 sollen angeblich
mindestens 50.000 Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen werden. Und:
Alle, die dann weiterhin für Vater Staat arbeiten, bekommen ab 2012 ein
einheitliches, noch nicht näher definiertes Gehalt, da Prämien und Zulagen
gnadenlos gestrichen werden. Dagegen laufen viele Beamten Sturm.
Andere entscheiden sich lieber für den sanften Widerstand: Auf ein
Schreiben des Finanzministers, der sie unverzüglich aufforderte,
"überflüssiges Personal" zu melden, antworteten fast alle Staatsfunktionäre
prompt, sie hätten leider gar kein überflüssiges Personal. Ganz im
Gegenteil: Ihre Behörde würde unter akuter Personalnot leiden.
Wie auch immer: Für Finanzminister und Vizeregierungschef Evangelos
Venizelos wird es eng, denn er muss schnell Erfolge vorweisen, das
Vertrauen der Troika wiedergewinnen und auch noch seine innerparteilichen
Gegner zum Schweigen bringen. Zu denen gehört seit jüngstem auch ein Mann,
der alles kann, außer schweigen: Theodoros Pangalos, ebenfalls
Vizeregierungschef und hochintelligenter Polterer mit einem Hang zum
Exzentrischen. Kaum hatte sein Kollege Venizelos eine neue Immobiliensteuer
durch das Parlament gebracht, meldete sich Pangalos zu Wort und erklärte in
einem Fernsehinterview, er habe kein Geld mehr und könne die Sondersteuer
nicht bezahlen. Venizelos könne ihn verhaften lassen, wenn es sein müsse.
Pangalos ist berühmt und berüchtigt für seine verbalen Eigentore. Noch vor
wenigen Tagen bezeichnete er alle griechischen Anwälte pauschal als
Steuersünder, woraufhin ihm die Ehrenmitgliedschaft im Athener
Anwaltsverein entzogen wurde.
29 Sep 2011
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
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