# taz.de -- Kommentar Abstimmung Euro-Rettungsschirm: Keine Lösung - und doch … | |
> Der Euro-Rettungsschirm, über den der Bundestag am Donnerstag befindet, | |
> hat viele Mängel. Und doch ist es richtig, ihm zuzustimmen. Denn es steht | |
> viel auf dem Spiel. | |
Für Kritik an der Ausweitung des Eurorettungsschirms, über die der | |
Bundestag am Donnerstag Vormittag entscheidet, gibt es viele gute Gründe. | |
Es ist völlig unklar, wie groß das Risiko ist, dass die 211 Milliarden | |
Euro, für die Deutschland künftig bürgt, tatsächlich fällig werden – und | |
wer unter einer solchen Zahlung am Ende leiden würde. | |
Die Finanzbranche wird an den Kosten der Krise allenfalls marginal | |
beteiligt. Und die Ursachen der Probleme – die fehlende Regulierung der | |
Märkte einerseits und die fehlende Koordination der europäischen | |
Wirtschaftspolitik andererseits – wurden bisher praktisch nicht angegangen. | |
Dass die Ausweitung des Rettungsschirms im Bundestag eine Mehrheit bekommen | |
wird, ist dennoch richtig. Denn die Folgen einer Ablehnung wären | |
dramatisch. Europa geriete nicht nur in eine tiefe politische | |
Glaubwürdigkeitskrise, wenn die bereits beschlossenen Pläne nicht umgesetzt | |
würden. | |
Auch wirtschaftlich steht viel auf dem Spiel: Ohne erweiterten | |
Rettungsschirm würde nicht nur Griechenland ungeordnet in die Pleite | |
steuern. Die Folge wäre eine Ausweitung der spekulativen Attacken gegen | |
andere EU-Staaten und eine neue Bankenkrise mit massiven Auswirkungen auf | |
die Realwirtschaft. | |
Um all dies zu verhindern, reicht die Vergrößerung des Rettungsfonds allein | |
nicht aus. Aber sie ist die Voraussetzung für die notwendigen nächsten | |
Schritte. Richtige Ansätze für die Zukunft gibt es: Der | |
EU-Kommissionsvorsitzende José Manuel Barroso hat nach jahrelangem Druck | |
aus der Gesellschaft endlich ein Konzept für eine Finanztransaktionssteuer | |
vorgelegt. | |
Zudem nimmt die EU die wirtschaftlichen Ungleichgewichte in Angriff, zu | |
denen Deutschland mit seinen Exportüberschüssen und seiner | |
Niedriglohnpolitik beiträgt. Und auch die Diskussion über schärfere | |
Regulierung und gemeinsame europäische Anleihen kommt langsam voran. | |
Doch bei all diesen Maßnahmen wird die Bundesregierung weiter auf der | |
Bremse stehen. Selbst wenn die FDP nicht komplett auf einen Anti-Euro-Kurs | |
einschwenken sollte, wird sie die notwendigen Schritte zu mehr europäischer | |
Integration und einer gerechteren Lastenverteilung blockieren. Wenn Anfang | |
nächsten Jahres über den dauerhaften Rettungsschirm ESM entschieden wird, | |
kommt es vermutlich zum Schwur. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel wird sich bis dahin entscheiden müssen, ob | |
sie ihre jüngsten Bekenntnisse zu mehr Europa ernst meint oder sich | |
weiterhin von einer 1,8-Prozent-Partei vorführen lassen will. Und SPD und | |
Grüne müssen bis dahin klären, ob sie die Kanzlerin weiterhin ohne | |
Vorbedingungen unterstützen – oder ob sie im Gegenzug auf echten | |
Veränderungen bestehen. | |
28 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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