# taz.de -- Deutsche Einnahmen aus der Eurokrise: Der anderen Leid ist Deutschl… | |
> Schäuble spart beim Schuldenmachen. Griechenland zahlt ihm Strafzinsen, | |
> die Bundesbank wird wohl Gewinn einfahren und Anleger gieren nach | |
> Bundesanleihen. | |
Bild: Hat gut lachen: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. | |
HAMBURG taz | Für Deutschland wird die Eurokrise ein Bombengeschäft. | |
Besonders für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): Die | |
Krisenländer zahlen satte Strafzinsen, die Bundesbank überweist | |
milliardenschwere Extragewinne, und bei den 275 Milliarden Euro, die | |
Schäuble in diesem Jahr an eigenen neuen Schulden für den deutschen Staat | |
aufnimmt, spart die Bundesregierung Zinsen im zweistelligen | |
Milliardenbereich. | |
Die diversen Rettungspakete und der Donnerstag im Bundestag abgesegnete | |
Eurorettungsfonds EFSF kosten der Bundesregierung bis auf Weiteres keinen | |
Cent. Der EFSF besteht überwiegend aus Bürgschaften. Stattdessen wird | |
ordentlich abgesahnt, denn Portugal, Irland und Griechenland zahlen hohe | |
Strafzinsen für Hilfskredite. Griechenlands Finanzminister Evangelos | |
Venizelos überweist für dieses Jahr 2 Milliarden Euro als Zinsen an den | |
europäischen Finanzstabilisierungsfonds. | |
Angesichts des deutschen Anteils an diesem Rettungspaket fließen allein | |
2011 aus Athen rund 200 Millionen Euro in die deutschen Kassen. Kasse macht | |
Bundesfinanzminister Schäuble auch über die Tochtergesellschaft der | |
Europäischen Zentralbank (EZB), der Bundesbank. Denn der Bundesbankgewinn | |
wandert großteils in den Bundeshaushalt. | |
Griechenlands Finanzminister - der seit Donnerstag die "Troika" aus EZB, | |
Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds für eine Hilfszahlung | |
von schlappen 8 Milliarden Euro gewinnen will - überweist nämlich nicht nur | |
2 Milliarden Euro an Strafzinsen, sondern auch 16 Milliarden Euro Zinsen | |
für reguläre Kredite. Von diesen 16 Milliarden strömt schätzungsweise die | |
Hälfte zu Banken und Versicherungen, die andere Hälfte zur EZB, die | |
zwischenzeitlich viele Eurokrisenpapiere angehäuft hat. Für Schäuble dürfte | |
daher aus dem Bundesbankgewinn für dieses Jahr ein üppiger zusätzlicher | |
Milliardenbeitrag herausspringen. | |
## Günstiges Schuldenmachen | |
Die Eurokrise lohnt sich auch für die Regierung der Kanzlerin Angela Merkel | |
(CDU) - besonders beim eigenen Schuldenmachen. Denn die Renditen für | |
Bundesanleihen sind auf einem Rekordtief angekommen. Seit dem Ausbruch der | |
Euro-Schuldenkrise boomt die Nachfrage nach deutschen Schuldentiteln - | |
Profiinvestoren und Amateuranleger fliehen herdenweise in drei sichere | |
Häfen: Gold, Schweizer Franken und Bundesanleihen. Angesichts der | |
grandiosen Nachfrage muss der Bund nur noch Niedrigstzinssätze anbieten, um | |
seine Anleihen x-fach überzeichnen zu lassen. Angesichts der Inflationsrate | |
von über 2 Prozent bringen Anleger sogar noch Geld mit, damit sie in | |
deutsche Wertpapiere investieren können. | |
Für insgesamt 275 Milliarden Euro will der Bund in 2011 neue Schulden | |
aufnehmen. Ein Batzen, der deutlich größer ausfällt als die Einnahmen durch | |
Steuern und Abgaben. Die 275 Milliarden benötigt Schäuble, um alte Schulden | |
zu tilgen, um Zinsen zu zahlen und um die Staatsausgaben zu finanzieren. | |
Eine billige Pflicht, denn an Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen muss | |
die dafür zuständige Finanzagentur des Bundes nur noch 1,96 Prozent Zinsen | |
zahlen. Selbst Frankreich, das mit Deutschland zusammen in der ersten Liga | |
der Staatsanleiher spielt, muss infolge der Eurokrise ein dreiviertel | |
Prozent mehr an Zinsen an die globalen Investoren zahlen. | |
Dieser kleine Unterschied zeigt per Zinseszinseffekt große Wirkung: Die | |
Euroflucht in Bundesanleihen beschert Finanzminister Schäuble nämlich eine | |
außerordentliche Zinsersparnis von überschlagsweise 25 Milliarden Euro. | |
Übrigens profitieren auf ähnlichem Wege auch deutsche Banken und Konzerne | |
von der Eurokrise. Auch ihre Anleihen gelten als vergleichsweise sicher und | |
kosten daher Deutscher Bank, Siemens und Konsorten weniger Zinsen als | |
kalkuliert. | |
29 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Merkel und die Eurokrise: Demonstrative Gesten | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht in Brüssel Stärke und Gelassenheit | |
zu zeigen. Doch im EU-Parlament war man nicht so angetan von ihrem Besuch. | |
Griechenland verfehltes Sparziel: Verärgerte Slowakei | |
Nichts mit Notkredit: Die Finanzminister der Eurogruppe müssen über andere | |
Dinge diskutieren. Denn erstmals fordert ein Mitglied der Eurogruppe, Athen | |
fallen zu lassen. | |
Defizit 2011 höher: Athen verfehlt Sparziel | |
Griechenland reißt die mit EU, IWF und EZB für dieses Jahr vereinbarte | |
Schuldengrenze. Um mehr zu sparen, sollen 20.000 Staatsbedienstete in | |
Frührente, Tausende weitere ganz gehen. | |
Abstimmung über den Rettungsschirm: Die Teflon-Regierung | |
Nach einer heftigen Debatte erhält die Kanzlerin für den EFSF die Mehrheit | |
im Bundestag. Weder SPD noch Linke boten überzeugende Alternativen an. | |
Kommentar zur Eurorettung: Nutzt die gekaufte Zeit! | |
Das Parlament ist über Parteigrenzen hinweg zusammengerückt. In | |
Krisenzeiten ist es wichtig, sich Zeit zu verschaffen. Doch es darf nicht | |
dabei bleiben, nur Symptome zu bekämpfen. | |
Finanzexperte über die Euro-Krise: "Der politische Wahnsinn unserer Tage" | |
Griechenland bleibt Euroland, ist man sich in Deutschland ziemlich einig. | |
Finanzexperte Wilhelm Hankel hingegen fordert den Austritt - und preist die | |
griechische Rosine. | |
Globalisierte Wirtschaft: Die Eurokrise wird zur Weltkrise | |
Außerhalb Europas sinkt das Vertrauen in die Fähigkeit der EU, die Krise zu | |
meistern. Die Staaten der Welt bekommen nun Angst, dass sie auch von ihr | |
erfasst werden. | |
Euro-Rettungsschirm: Unser Fonds soll stärker werden | |
Noch ist die Aufstockung des EU-Rettungsschirms nicht beschlossen. Doch die | |
Debatte, wie das Geld per "Hebelwirkung" vermehrt werden kann, läuft | |
bereits. |