# taz.de -- Globalisierte Wirtschaft: Die Eurokrise wird zur Weltkrise | |
> Außerhalb Europas sinkt das Vertrauen in die Fähigkeit der EU, die Krise | |
> zu meistern. Die Staaten der Welt bekommen nun Angst, dass sie auch von | |
> ihr erfasst werden. | |
Bild: Welchen Einfluss hat der Euro auf andere Währungen? | |
BERLIN taz | Bislang glaubten die anderen Wirtschaftsmächte, die Europäer | |
würden ihre Krise selbst in den Griff kriegen. Doch inzwischen fürchten die | |
USA, aber auch Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien, die | |
Eurokrise könnte die gesamte Weltwirtschaft in den Abgrund ziehen. | |
"Dunkle Wolken über Europa" machte Christine Lagarde, die neue Chefin des | |
Internationalen Währungsfonds (IWF), auf der Herbsttagung ihrer Institution | |
und der Weltbank in Washington am Wochenende aus. "Die Krise kann auch zu | |
einer Krise der Entwicklungsländer werden", warnte Weltbankchef Robert | |
Zoellick. | |
"Die Gefahr einer Kettenreaktion von Bankrott, Bankpleiten und | |
katastrophalen Risiken muss vom Tisch genommen worden", verlangte | |
US-Finanzminister Timothy Geitner und forderte eine "Firewall", damit | |
Europas Krise nicht ausstrahlt. Der IWF senkte seine globale | |
Wachstumsprognose für 2011 von 5,1 auf 4 Prozent. | |
Angesichts des Risikos, dass auch große Euroländer wie Italien in große | |
Zahlungsschwierigkeiten geraten könnten, gilt als ausgemacht, das der | |
EU-Rettungsschirm EFSF auch nach seiner geplanten Aufstockung auf 440 | |
Milliarden Euro nicht ausreichen wird. Dies sagte unter anderem in einem | |
Interview der indische Zentralbankchef Duvvuri Subbarao. | |
## Rettungsschirm von 2 Billionen | |
Griechenlands Schuldenlast beträgt 350 Milliarden Euro - die von Italien | |
1,3 Billionen. Daher zirkulierten am Wochenende Pläne, den EFSF auf bis zu | |
2 Billionen Euro auszuweiten. Die IWF-Mitglieder erteilten in Washington | |
einen entsprechenden Prüfauftrag, der zügig umgesetzt werden soll. | |
Zugleich wird darüber gesprochen, eine geordnete Teilinsolvenz | |
Griechenlands zu ermöglichen, die eine Abschreibung von 50 Prozent der | |
griechischen Schuldenlast beinhaltet. Dies ist allerdings ebenso wie die | |
EFSF-Ausweitung von entsprechenden Beschlüssen aller 17 | |
Euro-Mitgliedstaaten abhängig. Noch ist nicht einmal die Ausweitung des | |
EFSF auf 440 Milliarden Euro von allen nationalen Parlamenten beschlossen - | |
der Deutsche Bundestag befindet darüber am kommenden Donnerstag, andere | |
Länder lassen sich bis Dezember Zeit. Deswegen hieß es gestern vonseiten | |
ungenannter EU-Beamter, alle "Spekulationen" über weitere Maßnahmen seien | |
"sehr verfrüht". | |
Genau deswegen aber traut der Rest der Welt der EU nicht zu, die Krise | |
schnell genug zu meistern. Der britische Finanzminister George Osborne | |
sagte letzte Woche, nach seiner Einschätzung habe die Eurozone noch sechs | |
Wochen Zeit. Als informelle Frist für eine Einigung auf ein koordiniertes | |
internationales Handeln gilt der nächste G-20-Gipfel der großen | |
Industrienationen und Schwellenländer, der am 3. und 4. November im | |
französischen Cannes stattfinden soll. Südkoreas Finanzministerium erklärte | |
am letzten Freitag, die G-20-Finanzminister seien sich einig über die | |
Notwendigkeit einer "starken und entschlossenen internationalen Antwort auf | |
die erneuten Herausforderungen der Weltwirtschaft". | |
## Neun Prozent Inflation | |
Schon jetzt sind die Schwellenländer von den Krisen in der Eurozone und den | |
USA unmittelbar betroffen. Nicht nur, dass zentrale Absatzmärkte | |
wegzubrechen drohen. Die expansive Geldpolitik mit der Aufblähung der | |
Geldmenge insbesondere durch die US-Notenbank treibt dem indischen | |
Zentralbankchef zufolge die Rohstoffpreise in die Höhe. Allein Indien | |
kämpfe derzeit mit einer Inflationsrate von mehr als 9 Prozent. Unter | |
diesen steigenden Rohstoffpreisen ächzen auch die Entwicklungsländer. | |
Schwellenländer verweisen darauf, dass sie in vergangenen Krisen unter | |
Druck der Industrienationen schnellere und härtere Entscheidungen trafen, | |
als es jetzt die EU tut. "Es ist nicht leicht. Es schmerzt. Wir haben die | |
Schmerzen ertragen. Die Europäer müssen bereit sein, die Schmerzen zu | |
ertragen", sagte am Rande der Herbsttagung der Präsident der Afrikanischen | |
Entwicklungsbank (AfDB), der Ruander Donald Kaberuka. | |
Aufgrund harter Sanierungsmaßnahmen stehe Afrika nun am Beginn eines | |
dauerhaften Aufschwungs. Die größte Gefahr bestehe heute "in der | |
Unfähigkeit oder dem Unwillen der reichen Länder, die nötigen | |
Entscheidungen zu treffen, um die Weltwirtschaft zurück auf den | |
Wachstumspfad zu bringen". | |
26 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
F. Lee | |
D. Johnson | |
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