Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Staatliche Überwachung per Trojaner: "Stets im rechtlichen Rahmen"
> Die vom Chaos Computer Club untersuchten Trojaner sorgen für Aufregung.
> Selbst die Kanzlerin fordert Aufklärung. Doch Bayern behauptet, der
> Einsatz war rechtmäßig.
Bild: Selbst Ungesendetes stets im Blick: der eingesetzte Trojaner aus Bayern.
Zumindest einer der vom Chaos Computer Club (CCC) analysierten Trojaner
kommt aus Bayern. Landesminister Joachim Herrmann (CSU) bestätigte am
Montag, dass es sich bei einem der Überwachungsprogramme um einen Trojaner
handelt, den das Bayerische Landeskriminalamt im Jahr 2009 eingesetzt hat.
Zuvor hatte sich der Landshuter Rechtsanwalt Patrick Schladt als einer der
Informanten bekannt. Auf dem Computer seines Mandanten wurde 2009 der
Trojaner aufgespielt. Das LKA löschte zwar das Programm, es konnte aber von
den Hackern wiederhergestellt werden. Das Landgericht Landshut hatte Teile
der Ermittlungen in [1][genau diesem Fall für rechtswidrig erklärt].
Ungeachtet dessen lässt Herrmann verlauten, die Trojaner seien "stets im
rechtlichen Rahmen" eingesetzt worden. Auch ein Sprecher des
Landeskriminalamtes behauptet nach wie vor, dass der vom LKA eingesetzte
Trojaner über keine rechtswidrigen Funktionen verfüge.
Am Wochenende hatte der CCC bekannt gemacht, dass von deutschen Behörden
eingesetzte "Staatstrojaner", die auf Computern ausspionierter Betroffener
gefunden worden waren, zahlreiche verfassungswidrige Funktionen
beinhalteten. Mindestens fünf Betroffene hatten dem CCC zuvor ihre
Festplatten überreicht, auf denen sie die Spitzelsoftware vermuteten.
## Unverschickte E-Mails mitlesen
Es zeigte sich: Der Trojaner hat große Sicherheitslücken und kann vor allem
mehr, als er darf. Das Programm ist nicht nur in der Lage, verschlüsselte
Internettelefonate zu überwachen, sondern es kann auch den Bildschirminhalt
mitlesen und regelmäßig Screenshots machen. Dabei können die Ermittler
unter anderem auch E-Mails mitlesen, die noch gar nicht verschickt wurden.
Laut Bundesinnenministerium haben Bundeskriminalamt,
Bundesverfassungsschutz und Bundespolizei das Programm nicht eingesetzt.
Der CCC hat nach eigenen Angaben aber aus mindestens zwei verschiedenen
Bundesländern ein Programm zugespielt bekommen. Dem CCC lägen auch weitere
Beispiele aus neuerer Zeit vor, sagt deren Sprecherin Constanze Kurz.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Politiker von Regierung und
Opposition forderten unterdessen umfassende Aufklärung.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach sich
für Untersuchungen auch auf Landesebene aus, um die Vorwürfe aufzuklären.
In der kommenden Woche wird sich auf Antrag der SPD der Innenausschuss des
Bundestages damit beschäftigen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter
Schaar kündigte eine Überprüfung des Programms an.
## Bestellung per Telefon
Der Lieferant des bayerischen Trojaners ist inzwischen bekannt. Die Firma
DigiTask aus dem hessischen Ort Haiger geht davon aus, dass das Programm
"mit hoher Wahrscheinlichkeit" von ihr stammt. Gegenüber der taz bestätigte
der Rechtsanwalt der Firma, Winfried Seibert, zudem, dass das Unternehmen
in der Vergangenheit Software mit den vom CCC entdeckten Funktionen
ausgeliefert habe.
Derartige Funktionen "werden erstellt und geliefert, wenn Behörden unter
konkretem Hinweis auf eine vorliegende gerichtliche Entscheidung dies
bestellen", so Seibert. In der Regel würde dies auf telefonischem Wege in
Auftrag gegeben, eine Rechtsprüfung führe das Unternehmen nicht durch.
"Wenn die Programme rechtswidrig verwendet werden, dann von denjenigen, die
sie verwenden."
Computernutzer hingegen können sich recht einfach wehren, indem sie eine
herkömmliche Schutzsoftware installieren. Das geben auf taz-Anfrage die
beiden Unternehmen Kaspersky und Symantec an. "Wir haben schon wesentlich
bessere Trojaner gesehen, aber auch schon schlechtere. Die
Sicherheitssysteme erkennen Programme dieser Klasse normalerweise
problemlos", sagt Candid Wüest, Virenforscher bei Symantec. Christian Funk,
Virenanalyst bei Kaspersky, sagte, ihre Schutzprogramme hätten den
Behördentrojaner bereits erkannt. Zumindest diese Trojanerversion ist also
offenbar wirkungslos, wenn man ein herkömmliches Virenschutzprogramm
benutzt.
10 Oct 2011
## LINKS
[1] /berwachung-im-Netz/!79683/
## AUTOREN
I. Arzt
S. Erb
M. Kaul
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Informatikexperte über Staatstrojaner: "Unabhängige Kontrolle nötig"
Der Professor für Informationssicherheit Hartmut Pohl wundert sich über
veraltete Spähprogramme, mangelnde Prüfung und fehlendes Fachwissen in
Behörden.
Bundesregierung zum Staatstrojaner: Keine eigene Expertise
Vertreter der Bundesregierung sprechen über den Staatstrojaner und wie sie
sich auf die Firma Digitask verlassen. Auszüge aus der
Bundespressekonferenz.
Porträt der CCC-Sprecherin Constanze Kurz: Gesicht und Hirn der Bewegung
Constanze Kurz ist die einzige Frau unter den SprecherInnen des Chaos
Computer Clubs. Mit Sachkenntnis und Humor schlägt sie reihenweise
Innenpolitiker.
Schnüffelsoftware auf Bundesebene: Mein Trojaner ist besser als deiner
Auch auf Bundesebene ist staatliche Spitzelsoftware eingesetzt worden. Das
Innenministerium behauptet aber, dass die Vorwürfe des CCC auf sie nicht
zutreffen.
Weitere Bundesländer nutzten Trojaner: Förderalistische Staatsspionage
Neben Bayern haben mindestens fünf weitere Bundesländer Staatstrojaner
eingesetzt. Alle beteuern, Ermittler hätten sich genau an gesetzliche
Vorgaben gehalten.
Staatstrojaner gegen Drogendealer: Heimlicher Einbruch bei Dieben
Bayerns LKA bricht auch mal heimlich in ein Firmenbüro ein, um
Schnüffelsoftware zu installieren. Bisher haben Staatstrojaner mehr als
160.000 Screenshots angefertigt.
Kommentar Staatstrojaner: Polizei hat widerrechtlich gehandelt
Es gibt keine Regelungen für die Quellen-Telekommunikations-Überwachung in
der Strafprozessordnung. Doch die Polizei nutzt sie trotzdem.
Überwachung im Netz: Bundestrojaner ist Bayerntrojaner
Das Landgericht Landshut urteilte schon im Januar: Screenshots bei
E-Mail-Überwachung sind unzulässig. Dennoch wurden sie in Bayern in
mindestens vier Fällen weiter praktiziert.
Streit um Bundestrojaner: Justizministerin kündigt Aufklärung an
Nach der Kritik des CCC am Bundestrojaner, hat die Bundesjustizministerin
Aufklärung angekündigt. Auch der Datenschutzbeauftragte will nun
Überwachungssoftware prüfen.
Streit um Bundestrojaner: Offen wie ein Scheunentor
Der Chaos Computer Club (CCC) hat ein Computerprogramm analysiert, das
offenbar von Ermittlungsbehörden eingesetzt wurde. Dabei haben sie
erstaunliche Details entdeckt.
Chaos Computer Club warnt: Fieser Geselle Bundestrojaner
Die von den Ermittlungsbehörden genutzte Schnüffelsoftware verursacht
Sicherheitslücken bei den betroffenen Computern. Und sie kann mehr als das
Bundesverfassungsgericht erlaubt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.