# taz.de -- Schnüffelsoftware auf Bundesebene: Mein Trojaner ist besser als de… | |
> Auch auf Bundesebene ist staatliche Spitzelsoftware eingesetzt worden. | |
> Das Innenministerium behauptet aber, dass die Vorwürfe des CCC auf sie | |
> nicht zutreffen. | |
Bild: Kein Vertrauen: Das BKA will die umstrittene Software von Digitask nicht … | |
BERLIN taz | Auch auf Bundesebene wurden Trojaner für die Überwachung | |
verschlüsselter Telefonate und Emails eingesetzt. Dies wurde am Dienstag | |
aus dem Bundesinnenministerium (BMI) bekannt. Dabei sollen aber alle | |
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten worden sein. Uns es sei | |
auch eine andere Spionage-Software benutzt worden als in Bayern. | |
Insgesamt 25 Mal haben Bundeskriminalamt, Bundespolizei und das Bundesamt | |
für Verfassungsschutz seit 2008 Trojaner auf Computern platziert, um | |
verschlüsselte (Skype-)Telefonate und Emails überwachen zu können. Diese | |
Telekommunikationsüberwachung an der Quelle (Quellen-TKÜ) wird immer dann | |
angewandt, wenn Verdächtige kaum noch mit Festnetz- und Mobiltelefonen | |
kommunizieren, sondern nur noch via Skype im Internet. | |
Die eingesetzte Trojaner-Software könne ausschließlich Internet-Telefonate | |
belauschen und abgeschickte Emails mitlesen. Sie könne keine | |
Momentaufnahmen des Bildschirminhalts (screenshots) anfertigen, sie könne | |
auch keine Inhalte von der Festplatte kopieren (Online-Durchsuchung) und | |
sie könne nicht die Tasteneingaben mitprotokollieren (keylogger). Damit | |
wären alle Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus seinem Urteil von | |
2008 beachtet worden. | |
## Kein Vertrauen für Digitask | |
Auch andere Vorwürfe des Chaos Computer Clubs (CCC) gegenüber dem | |
Bayern-Trojaner träfen auf die Spionage-Software des Bundes nicht zu. So | |
ließen sich die Funktionen des Bundestrojaners nicht nachträglich | |
erweitern. Es seien keine weiteren Überwachungsmodule nachladbar. Sogar die | |
Datensicherheit sei viel besser gewahrt als in Bayern. Eine beidseitige | |
Verschlüsselung der Signale von Trojaner und Polizei-Server stelle sicher, | |
dass sich keine anderen Hacker und Geheimdienste Zugang zu einem | |
überwachten Computer verschaffen können. | |
Ganz bewusst habe der Bund nicht die Software angeschafft, die jetzt vom | |
CCC so vehement kritisiert wurde. Das BKA habe sie 2008 zwar geprüft und | |
auch einigen Bundestagsabgeordneten wurde sie vorgeführt. Man habe aber | |
schnell erkannt, dass man damit nur Ärger bekommen werde. Der Bund hat dann | |
bei der gleichen Firma, Digitask aus Haiger im Westerwald, eine neue | |
Software bestellt - eine Software, die nur Quellen-TKÜ kann und sonst | |
nichts. Die Bundestrojaner-Software werde von Digitask für den jeweiligen | |
Einsatz angepasst und koste dann 5000 Euro Miete pro Monat und Einsatz. | |
Der Bund habe Digitask allerdings nicht blind vertraut. Vielmehr habe das | |
Bundeskriminalamt selbst getestet, dass die gemietete Software auf keinen | |
Fall mehr könne als bestellt worden ist. Außerdem werde alles, was mit der | |
Software gemacht wird, exakt protokolliert. Der | |
Bundesdatenschutzbeauftragte könne jederzeit die Protokolle einsehen. | |
Nächste Woche wolle er dies auch tun, kündigte das BMI an. | |
## Die weiße Weste des BKA | |
Für die Online-Durchsuchung werde die Digitask-Software nie verwendet. Wenn | |
das BKA heimlich den Inhalt von Computer-Festplatten ausspähen will, nütze | |
es eine andere selbst entwickelte Software. Bei deren Installation müsse | |
der Zielcomputer ganz neu präpariert werden. Der Digitask-Trojaner sei | |
dabei - falls er schon installiert ist - keinerlei Hilfe. | |
Online-Durchsuchungen darf nur das BKA durchführen, zum "Schutz | |
überragender Rechtsgüter" wie Freiheit, Leben, und Bestand des Staates. | |
Das BMI versuchte den Eindruck zu erwecken, als habe es eine absolut weiße | |
Weste. Bayern und anderen Ländern wurde aber auch nicht vorgeworfen, dass | |
dort illegal gehandelt wurde. Davor gewarnt habe man sie aber auch nicht. | |
Es gebe unterschiedliche Rechtsauffassungen, der Bund sei eben | |
vorsichtiger, hieß es. Die Darstellung des Innenministeriums dürfte | |
allerdings den Druck auf Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), den | |
Verantwortlichen für den Bayern-Trojaner deutlich erhöhen. Er hat eine | |
verfassungswidrige Software genutzt, obwohl es scheinbar rechtskonforme | |
Alternativen gab. | |
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) empfahl den | |
Staatsanwaltschaften in Deutschland, vorerst keine Quellen-TKÜs mehr | |
durchzuführen "bis ein klares Lagebild vorliegt". Da die allermeisten | |
Staatsanwaltschaften auf Länderebene angesiedelt sind, kann sie nur | |
appellieren und keine Anweisungen geben. | |
11 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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