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# taz.de -- Trojanereinsatz in den Ländern: Der Staat ist geständig
> Inzwischen haben sich alle Bundesländer zum Einsatz staatlicher
> Schnüffelsoftware erklärt. Sie versuchen, sich vom angeprangerten
> Bayerntrojaner zu distanzieren.
Bild: Ja, tut er: Inzwischen ist ein erster Überblick über das Ausmaß mögli…
BERLIN taz | Knapp eine Woche liegt das Bekanntwerden der Analyse der
Staatstrojanersoftware durch den Chaos Computer Club zurück, inzwischen
haben sich alle Bundesländer zum Trojanereinsatz geäußert. Insbesondere in
den Westländern sind Staatstrojaner zur Ausspähung von Rechnern eingesetzt
worden. Im Osten der Republik hat nach bisherigem Kenntnisstand nur
Brandenburg die staatliche Spitzelsoftware benutzt, die dann auch noch den
Rechner des Betroffenen lahmlegte.
Spitzenreiter ist nach wie vor Bayern, dass den umstrittenen Staatstrojaner
insgesamt achtmal einsetzte: Fünfmal habe das Landeskriminalamt (LKA)
Rechner so überwacht, dreimal das Landesamt für Verfassungsschutz, um
Dschihadisten zu überwachen.
Der Chaos Computer Club hatte am vergangenen Wochenende eine Analyse des
Bayern-Trojaners veröffentlicht und diesen als unsicher und mit
verfassungswidrigen Möglichkeiten ausgestattet beschrieben. Wesentliche
Kritikpunkte sind, dass der Bayerntrojaner nicht nur die Überwachung,
sondern auch die verfassungswidrige Durchsuchung von Computern zulasse und
auch von Dritten missbraucht werden könne. Unklar ist, ob diese
Möglichkeiten durch Absicht oder Inkompetenz vorhanden sind. Inzwischen hat
Bayern den Trojanereinsatz gestoppt.
Als erstes Land hatte Brandenburg bereits Anfang der Woche angegeben, den
Staatstrojaner in einem Fall im Einsatz zu haben. Inzwischen korrigierte
das Land die Zahl auf zwei: In einem Fall ging es um den Handel mit
gefälschten Medikamenten, in einem weiteren um Zigarettenschmuggel.
Dabei ging ein Einsatz sogar gründlich schief: Der Trojaner beschädigte den
Rechner des Überwachten und legte seine Festplatte lahm, [1][berichtet die
Tageszeitung Potsdamer Neueste Nachrichten]. In Bremen nutzte die Polizei
die Online-Überwachung einmal in einem Verfahren wegen der Bildung einer
kriminellen Vereinigung. Auch hier hatte es zunächst geheißen, die Software
sei nicht verwendet worden.
## Der Westen: Wir haben andere Trojaner
Die Bundesländer halten sich mit Details allerdings zurück und betonen
immer wieder, dass entweder die eingesetzte Software eine andere sei, oder
dass die dort eingesetzte Software nicht die Schwächen des Bundestrojaners
habe.
Einem [2][Bericht des Hessischen Rundfunks] zufolge, nutzt auch Hessen die
Online-Überwachung, aber nicht den kritisierten Bayern-Trojaner. In
Nordrhein-Westfalen gab das Innenministerium an, das Programm sei nur für
den Zweck der Überwachung nutzbar gewesen. Ein Sprecher der Hamburger
Justizbehörde [3][erklärte der Welt]: Ein Trojaner sei genutzt worden,
ausschließlich um die Internettelefonie zu überwachen.
In Niedersachsen wurde offenbar bis Juni in zwei Fällen Software der Firma
Digitask genutzt, die auch Bayern belieferte. Auch sie soll nicht
Möglichkeiten für missbräuchlichen Einsatz gehabt haben. Inzwischen gäbe es
einen neuen Softwarelieferanten. Ebenso äußerten sich die Behörden in
Schleswig Holstein zum Einsatz der Onlineüberwachung in fünf Fällen.
In Rheinland-Pfalz soll ein Einsatz vorbereitet, allerdings keine Daten
"ausgeleitet" worden sein. Unklar ist, ob der Staatstrojaner dennoch auf
dem Rechner des zu Überwachenden installiert wurde. Falls hier eine
ähnliche Software wie in Bayern eingesetzt wurde, wäre dann der infizierte
Rechner immer noch möglichen Angriffen durch Dritte ausgesetzt.
Baden-Württemberg hat den Trojanereinsatz vorübergehend gestoppt, wobei
noch unklar ist, wie oft und wie der Staatstrojaner von dortigen Behörden
eingesetzt wurde.
## Der Osten: Unschuldig, aber willig
Während LKAs in Berlin und Saarland erklärten, gar keine Rechtsgrundlage
für den Einsatz von Trojanern zu haben, und dementsprechend auch keine
einzusetzen, sagte das Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern auf
taz-Anfrage, bisher sei keine Online-Überwachung durchgeführt worden, wenn
nötig werde man dies aber tun. "Welche Software von welchem Anbieter in
einem solchen Fall zur Anwendung gelangt, wird aus grundsätzlichen
taktischen Erwägungen nicht angegeben", so Pressesprecherin Marion
Schlender.
Die [4][Mitteldeutsche Zeitung berichtet], in Sachsen und Thüringen seien
keine Trojaner eingesetzt worden. Sachsen-Anhalt will nicht einmal die
notwendige Software für einen Trojanereinsatz besitzen. Allerdings
bestellte das Land im April ein "Archivierungssystem für
Telekommunikationssystem." bei der Firma Digitask.
Der Piratenvorsitzende in Sachsen-Anhalt, Henning Lübbers, erklärte dazu:
"Diese Auftragsdaten lassen die Aussage des Innenministeriums, in
Sachsen-Anhalt würde eine entsprechende Software weder genutzt, noch wäre
sie überhaupt vorhanden, in einem doch etwas zweifelhaften Licht
erscheinen". (Mit Material von dpa und dapd)
14 Oct 2011
## LINKS
[1] http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/585741/
[2] http://bit.ly/qY1zyy
[3] http://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article13655724/Auch-Hamburg-setz…
[4] http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksA…
## AUTOREN
Lalon Sander
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