| # taz.de -- Berlin bekommt Staatstrojaner: Polizei schnüffelt bald online | |
| > Der Senat ordert eine Software zum Aushorchen von Internettelefonaten. | |
| > Die Piraten bezweifeln, dass diese nur verfassungskonform einsetzbar ist. | |
| Bild: Haben was gegen Staatstrojaner: Piratenduo Christopher Lauer und Andreas … | |
| Die Berliner Polizei soll etwas bekommen, was es nach Ansicht der | |
| Piraten-Fraktion im Abgeordnetenhaus gar nicht geben kann: eine Software | |
| zur verfassungskonformen Überwachung von Internettelefonaten. Wie | |
| Innensenator Frank Henkel (CDU) am Donnerstagabend vor dem Abgeordnetenhaus | |
| bestätigte, hat das Land Berlin das Unternehmen Syborg damit beauftragt, | |
| die existierende Anlage zur Telekommunikationsüberwachung so zu erweitern, | |
| dass die Polizei künftig nicht nur Festnetz- und Handytelefonate, sondern | |
| auch Gespräche über Programme wie Skype abhören kann. "Damit ist der | |
| nächste Überwachungsskandal vorprogrammiert", sagte der innenpolitische | |
| Sprecher der Piraten-Fraktion, Christopher Lauer. | |
| Mitglieder des Chaos Computer Clubs (CCC) hatten im vergangenen Jahr eine | |
| Software zur Überwachung von Internettelefonaten analysiert, die von | |
| mehreren Bundesländern verwendet wird. Dabei stellten sie erhebliche Mängel | |
| fest. Die vom Bundesverfassungsgericht verlangte strikte Begrenzung der | |
| Computerausspähung von Telefonaten sei damit keinesfalls gewährleistet. Es | |
| sei nicht auszuschließen, dass mit dem Programm die Bildschirme der | |
| Überwachten unerlaubt fotografiert oder aber gefälschte Beweise auf deren | |
| Festplatten kopiert würden. "Das ist ein Informatikproblem", sagte Pirat | |
| Lauer der taz: "Keine Firma dieser Welt kann eine Software programmieren, | |
| deren Anwendung sich auf das beschränkt, was das Bundesverfassungsgericht | |
| erlaubt hat." | |
| Ob seine Firma so etwas doch kann, wollte der Geschäftsführer des vom Land | |
| beauftragten Unternehmens Syborg Informationssysteme, Robert Lander, nicht | |
| sagen: Er verweigerte gegenüber der taz jeglichen Kommentar. Die vom CCC | |
| kritisierte Software hatte Digitask, ein anderes Unternehmen, unter anderem | |
| an das Land Bayern geliefert. | |
| Innensenator Henkel glaubt, dass der Auftrag bei Syborg in guten Händen | |
| ist. Der Hersteller habe zugesichert, dass sein Programm lediglich Daten | |
| aus Telefonaten abzapfe. Das Landeskriminalamt habe dies bereits getestet. | |
| Bisher habe sich Berlin lediglich einmal der Internettelefonüberwachung zu | |
| bedienen versucht: Damals wollte der Landesverfassungsschutz einen Trojaner | |
| nutzen, den eine andere Verfassungsschutzbehörde auf den Rechner eines | |
| Verdächtigten geschleust hatte. Am Ende seien in dem Fall aber doch keine | |
| Daten erhoben worden. Die Gründe dafür nannte Henkel nicht. Mit dem | |
| heimlichen Ausspähen von Computern haben die Berliner Ermittlungsbehörden | |
| also bislang keine Erfahrung. | |
| Das soll nach Ansicht der Piraten so bleiben. Sollte Berlin die Software | |
| einsetzen, würde das die Ermittlungsbehörden bald "komplett | |
| diskreditieren", sagte Lauer. "In einem Rechtsstaat verstößt jede Art von | |
| Schnüffelsoftware letztendlich gegen die Grundrechte der Bürger." | |
| 27 Jan 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Sebastian Puschner | |
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