# taz.de -- Staatstrojaner: Kaum Erfolg bei Fahndungsversuchen | |
> Die Entdeckung von staatlicher Schnüffel-Software sorgte für viel | |
> Aufregung. Jetzt stellt sich heraus, dass BKA und Zoll wenig Erfolg mit | |
> den Trojanern haben. | |
Bild: Jede Menge Holz: Der Staatstrojaner bringt laut Regierung nur wenig. | |
Berlin dpa | Beim Einsatz von Spionage-Software hatten die Bundesbehörden | |
bislang nur mäßigen Erfolg. In vielen Fällen ist es Bundeskriminalamt (BKA) | |
und Zollfahndungsdienst nicht gelungen, die Computer der Verdächtigen zu | |
überwachen. | |
Das geht aus einer noch nicht veröffentlichten Antwort des Bundesregierung | |
auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervor. Darin | |
rechtfertigte die Regierung erneut den Einsatz von Schnüffel-Software. | |
Linke und Chaos Computer Club (CCC) kritisierten, die Antworten lieferten | |
nicht die versprochene Aufklärung in der Trojaner-Affäre. | |
Die Bundesregierung zählt 23 Strafverfahren sowie 11 Fälle von | |
Gefahrenabwehr auf, in denen BKA und Zollfahndungsdienst Trojaner | |
eingesetzt haben. 13 Mal ist es demnach zu einer Überwachung gekommen - in | |
den anderen Fällen habe es "keine Aufbringung" der Software oder "keine | |
Ausleitung" von Daten gegeben. | |
Bei den eingesetzten Trojanern handelte es sich nach Regierungsangaben | |
allerdings nicht um das Programm, das der CCC nach seiner Analyse als | |
schlampig programmiert und verfassungswidrig bezeichnet hatte - das war | |
eine Version aus Bayern. Zum Einsatz von Spionage-Software bei | |
Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst (BND) wollte sich die | |
Bundesregierung aus angeblichen Sicherheitsgründen nicht äußern. | |
Details nannte die Regierung zu den Kosten des Trojaner-Einsatzes bei | |
Bundesbehörden. Das Bundeskriminalamt (BKA) habe zwischen 2007 und Mai 2011 | |
knapp 300 000 Euro ausgegeben, das Zollfahndungsamt 150 000 Euro. In | |
weiteren Verfahren sei Software angeschafft worden, für die noch keine | |
Rechnung gestellt worden sei oder für die keine Kosten angefallen seien. | |
Die hessische Firma DigiTask erhielt den größten Teil der Aufträge. | |
## Berufung aufs Geschäftsgeheimnis | |
In einer Reaktion erneuerte der Chaos Computer Club (CCC) seine Kritik, | |
dass der Einsatz der heimlichen Spionagesoftware unzureichend kontrolliert | |
werde. Zudem bestätigten die Antworten den "Eindruck anhaltender | |
technischer Inkompetenz": "Dass deutsche Sicherheitsbehörden einen | |
Spitzel-Trojaner einsetzen, von dem sie - wie nun auch offiziell von der | |
Regierung bestätigt - nie einen Quellcode gesehen haben, erschüttert das | |
Vertrauen in die Behörden weiterhin nachhaltig." | |
Die Regierung bestätigte, dass den Bundesbehörden der Quellcode der | |
eingesetzten Trojaner-Software nicht vorlag. Dieser sei als Geschäfts- und | |
Betriebsgeheimnis des Herstellers geschützt. Die Qualitätssicherung habe | |
beim Anbieter gelegen - man habe aber "in jedem Einzelfall durch | |
Anwendungstests" die Einhaltung der Vorgaben kontrolliert. Den Einsatz der | |
Software habe man protokolliert. | |
Erneut rechtfertigte die Regierung, dass die Software eine Funktion zum | |
Nachladen von Programmcode hat. Dies sei notwendig, um das Programm auf den | |
neuesten Stand zu bringen. Kritiker bemängeln, dass so Funktionen | |
nachgeladen werden können, die eine umfangreiche Überwachung des Computers | |
erlauben und damit über das Erlaubte hinausgehen. | |
Die Linke erklärte, die Regierung habe mit der versprochenen Aufklärung | |
offenbar nie begonnen. "Trotz vollmundiger Versprechungen wurde weder die | |
Staatstrojaner-Affäre aufgearbeitet, noch irgendetwas grundsätzlich an der | |
verfassungswidrigen Überwachungspraxis geändert", erklärte der | |
Bundestagsabgeordnete Jan Korte, der die Kleine Anfrage gestellt hatte. Er | |
forderte, die Quellen-TKÜ zu stoppen und alle bisherigen Fälle zu | |
überprüfen. | |
24 Nov 2011 | |
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