# taz.de -- Deutsche Schnüffel-Software: Staatstrojaner im Außendienst? | |
> Auf deutsche Initiative tauscht sich eine europäische Arbeitsgruppe seit | |
> dem Jahr 2008 über Spähsoftware aus. Der Bundestag wurde darüber nicht | |
> informiert. | |
Bild: Europäische Integration: Bei der Entwickling von Spitzelsoftware hatten … | |
BERLIN taz | Zur Entwicklung und Anwendung der umstrittenen Staatstrojaner | |
stimmten sich deutsche Behörden bereits seit 2008 eng mit anderen | |
europäischen Ländern ab. Dabei spielte Deutschland offenbar eine führende | |
Rolle. Das gab die Bundesregierung in einer jetzt veröffentlichten Antwort | |
auf eine Frage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Linksfraktion) | |
bekannt. | |
Demnach entstand bereits im Juli 2008 eine informelle europäische | |
Arbeitsgruppe "auf Anregung des Bundeskriminalamtes", wie es in der Antwort | |
heißt. In der inzwischen in "Remote Forensic Software User Group" | |
umbenannten Gruppe tauschten sich deutsche Behörden seit September 2008 | |
zweimal jährlich mit Sicherheitsbehörden aus Belgien, den Niederlanden und | |
der Schweiz aus. | |
Als "Remote Forensic Software" (RFS) bezeichnen Sicherheitsbehörden | |
staatliche Spähprogramme zur Ausforschung von Computern und | |
Internetkommunikation. Das letzte dieser Treffen soll im April | |
stattgefunden haben. Ein nächstes Treffen der Gruppe ist für Januar 2012 in | |
Belgien geplant. | |
Konkreter Inhalt der Treffen, heißt es in der Antwort an Hunko, sei etwa | |
der "Sachstands- und Erfahrungsaustausch im Zusammenhang mit der | |
Entwicklung und dem Einsatz der RFS". Ein Sprecher des | |
Bundesinnenministeriums sagte gegenüber der taz: "Bei den Treffen werden | |
keine konkreten Einsätze abgesprochen oder Amts- oder Rechtshilfeersuchen | |
vorbereitet." | |
Erst vor wenigen Wochen hatte der Chaos Computer Club (CCC) öffentlich | |
gemacht, dass der Freistaat Bayern Staatstrojaner eingesetzt hatte, die | |
teils grundrechtswidrige Funktionen beinhalteten. So ließen sich mit der | |
Software laut CCC etwa Funktionen nachladen, mit denen Bildschirmfotos | |
erstellt, Dateien von fern gelöscht oder Räume akustisch überwacht werden | |
konnten. | |
Den Staatstrojaner hatte ursprünglich die hessische Privatfirma "DigiTask" | |
entwickelt. An den Firmennamen angelehnt, nannte sich die europäische | |
Gruppe ursprünglich auch "DigiTask User Group". Nachdem die bedenklichen | |
Fähigkeiten der Software bekannt wurden, hatten die Innenminister von Bund | |
und Ländern beschlossen, den Staatstrojaner künftig vom Bundeskriminalamt | |
entwickeln zu lassen. | |
"Es ist beunruhigend, dass die immer zahlreicher werdenden Details zur | |
polizeilichen Nutzung digitaler Spähwerkzeuge erst durch zähe Recherchen | |
öffentlich werden", sagt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko. So sei die | |
Existenz der Arbeitsgruppe deutschen Parlamentariern bislang unbekannt | |
gewesen. | |
13 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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