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# taz.de -- CCC über aktuellen Staatstrojaner: _0zapftis 2.0 ist auch illegal
> Der Chaos Computer Club hat einen zweiten Staatstrojaner analysiert.
> Dieser hat dieselbe verfassungswidrige Nachladefunktion wie der erste -
> ist aber nur ein knappes Jahr alt.
Bild: Auch der neue Staatstrojaner kann einfach von Dritte ausgenutzt werden.
BERLIN dpa | Dem Chaos Computer Club (CCC) ist eine "noch fast fabrikneue"
Version des umstrittenen Staatstrojaners zugespielt worden. Eine Analyse
des Programmcodes habe ergeben, dass die Spionage-Software weiterhin für
rechtswidrige Aktionen eingesetzt werden könne, [1][erklärte der Club]. Ein
Ministeriumssprecher erklärte unterdessen, der neue Trojaner sei nicht vom
Bundeskriminalamt (BKA) eingesetzt worden.
Der Trojaner entspreche "wie seine Vorgängervarianten in keiner Weise dem
Stand der Technik" und enthalte "weiterhin die grundgesetzbrechende
Funktion zum Nachladen beliebiger Erweiterungen". "Entgegen aller
Beteuerungen der Verantwortlichen kann der Trojaner weiterhin gekapert und
beliebiger Code nachgeladen werden", sagte ein Sprecher des CCC.
In der ersten Runde der Auseinandersetzung um den Staatstrojaner hatten das
Bundesinnenministerium und das Bundeskriminalamt den Einsatz der Software
verteidigt. "Die Überwachung der Telekommunikation beziehungsweise die
Maßnahmen der Online-Durchsuchung sind kriminalistisch unverzichtbar, wenn
das Internet als Tatmittel für schwere und schwerste Kriminalität
eingesetzt wird", sagte der Präsident des BKA, Jörg Ziercke, vor einer
Woche vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages.
Die Kritik des CCC, der Trojaner könne manipuliert und rechtswidrig
eingesetzt werden, wies Ziercke unter anderem mit dem Hinweis zurück, der
Club habe eine "ca. drei Jahre alte Version der Software (analysiert), die
das BKA nicht eingesetzt hat."
## Nachladefunktion weiterhin vorhanden
Der Chaos Computer Club veröffentlichte nun die [2][Analyse einer neuen
Variante des Staatstrojaners] vom Dezember 2010, die ebenfalls von der
hessischen Firma Digitask entwickelt wurde. Die umstrittene Funktion des
Trojaners, auch Bildschirmfotos (Screenshots) von dem ausgespähten Rechner
anzufertigen, wurde in dieser Version entfernt. "Die verfassungswidrige
Nachladefunktion steht jedoch weiterhin scheunentorweit offen", erklärte
der CCC. "Dies bedeutet, dass unbefugten Dritten vom spukhaften Fernlöschen
von Dateien bis hin zur akustischen Raumüberwachung genauso viele
Möglichkeiten geboten werden, wie den ermittelnden Beamten und ihren von
Unkenntnis der technischen Sachlage geplagten Vorgesetzten."
Der Club-Sprecher forderte die Ermittlungsbehörden auf, auf den Einsatz von
Trojanern zu verzichten und die Quellcodes der eingesetzten Programme sowie
die Prüfprotokolle der Trojaner-Einsätze zu veröffentlichen. "Bei einer
staatlichen Infiltration eines Rechners muss unwiderruflich die Möglichkeit
erlöschen, Daten von der Festplatte des infiltrierten Systems gerichtlich
zu verwerten", verlangte der CCC.
Das BKA hatte in der Debatte um den Einsatz der Staatstrojaner bestritten,
dass die eingesetzte Überwachungssoftware über eine "rechtswidrige
Nachladefunktion verfügt, mit der beliebige Schadmodule nachgeladen
werden". Die Updatefunktion des Programms werde allein zur Aktualisierung
verwendet. Bei einem Update der Internet-Telefonie-Software Skype müsse
auch die Überwachungssoftware angepasst werden, "da ansonsten die
Kommunikation nicht mehr aufgezeichnet werden kann". Dieser Darstellung
widerspricht der Chaos Computer Club nun: "Der CCC konnte sein
selbstgeschriebenes Trojaner-Steuerprogramm in nur wenigen Stunden
anpassen, die Schadsoftware weiterhin steuern und Code auf den
Opfer-Rechner nachladen."
## Digitask dementiert
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte angekündigt, der Bund
werde ein eigenes Kompetenzzentrum zur Entwicklung von Software für
Internetüberwachung einrichten. Die Bundesländer seien eingeladen, sich
daran zu beteiligen. Darüber hinaus soll bis zur nächsten
Innenministerkonferenz ein Vorschlag für ein Expertengremium vorgelegt
werden, das die bisher benutzte Software von privaten Anbietern überprüft
und zertifiziert.
Ein Sprecher der Firma Digitask sagte, er könne noch nicht beurteilen, ob
die vom CCC analysierte Software tatsächlich von Digitask stamme. Generell
liefere das Unternehmen das, was die Behörden auf der Grundlage geltender
Gesetze bestellen. Für den konkreten Einsatz der Software seien die
Behörden selbst verantwortlich.
26 Oct 2011
## LINKS
[1] http://www.ccc.de/de/updates/2011/analysiert-aktueller-staatstrojaner
[2] http://www.ccc.de/system/uploads/83/original/staatstrojaner-report42.pdf
## TAGS
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