| # taz.de -- Kritik an Späh-Software: Trojaner ohne Bauplan | |
| > Die hessische Privatfirma DigiTask hat die Späh-Trojaner für den Bund | |
| > entwickelt und geliefert. Doch den wichtigen Software-Code bekommen die | |
| > Behörden nicht. | |
| Bild: In der Kritik: die Firma, die die Trojaner programmierte. | |
| BERLIN taz | Die Bundesbehörden kennen wichtige Details der von ihnen | |
| eingesetzten Variante des Trojaners für die Überwachung von | |
| Internet-Telefonaten nicht. Das räumten Vertreter des Innenministeriums und | |
| des Bundeskriminalamts (BKA) am Mittwoch ein. | |
| Wie BKA-Chef Jörg Ziercke nach Angaben von Teilnehmern in einer | |
| vertraulichen Sitzung des Innenausschusses berichtete, habe seine Behörde | |
| ihre Trojaner zur Überwachung von Online-Kommunikation ("Quellen-TKÜ") von | |
| der hessischen Firma DigiTask entwickeln lassen und danach ausführlich | |
| geprüft. Einsicht in den sogenannten Quellcode der Software habe man aber | |
| mit Verweis auf das Geschäftsgeheimnis nicht bekommen. | |
| Vertreter des Innenministeriums behaupteten am Mittwoch, man habe dennoch | |
| "die volle Kontrolle über die Software" gehabt. Von Oppositionspolitikern | |
| und Computerexperten wird das allerdings ernsthaft angezweifelt. | |
| ## Massive Zweifel an DigiTask | |
| "Ohne Quellcode kann man keinen vollständigen Überblick darüber haben, was | |
| die Software wirklich kann und was nicht", sagte Frank Rieger vom Chaos | |
| Computer Club (CCC). Der CCC hatte vor zehn Tagen Details über einen unter | |
| anderem von Bayern eingesetzten Trojaner öffentlich gemacht, der nach | |
| Ansicht der Computerexperten deutlich mehr Späh-Funktionen hat, als er | |
| rechtlich dürfte. | |
| Den Einsatz dieser Software hatten die Bundesbehörden vor drei Jahren | |
| ebenfalls angeboten bekommen, aber abgelehnt. Sie ließen sich von der | |
| hessischen Firma DigiTask eine eigene Software für die | |
| Internet-Telefon-Überwachung erstellen, die angeblich für jeden Einsatz | |
| noch mal extra zugeschnitten wird. Wegen der nun bekannt gewordenen Details | |
| wird aber massiv angezweifelt, ob eine weitere Zusammenarbeit mit der Firma | |
| DigiTask überhaupt noch möglich ist. Das müsse nun geprüft werden, hieß es | |
| aus dem Bundesinnenministerium. | |
| "Der Staat muss auf den Quellcode zugreifen können", sagte der | |
| SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. Wenn das nicht möglich sei, müsstene | |
| die Behörden die Software selbst programmieren. "Ein so grundrechtlich | |
| sensibler Bereich darf nicht an fragwürdige Privatfirmen ausgelagert | |
| werden", sagte Konstantin von Notz von den Grünen. Ähnliches forderte auch | |
| die Linkspartei. "Verträge mit Privatfirmen in diesem Bereich müssen | |
| gekündigt werden", sagte deren Innenexperte Jan Korte. | |
| Insgesamt haben die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern in den | |
| vergangenen drei Jahren nach Angaben von BKA-Chef Ziercke in rund 100 | |
| Fällen Software zur Überwachung der Onlinekommunikation auf Computer | |
| geschmuggelt. Davon soll in 20 Fällen die Spähsoftware vom BKA eingesetzt | |
| worden sein, vier Mal setzte das Bundesamt für Verfassungsschutz den | |
| Trojaner ein. | |
| 19 Oct 2011 | |
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| Wolf Schmidt | |
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