# taz.de -- Internet-Telefon-Überwachung: Kein direkter Draht zu Skype | |
> Kann Skype über eine Schnittstelle in Luxemburg abgehört werden? Die | |
> dortige Generalstaatsanwaltschaft bestreitet das. Stimmte es, wäre ein | |
> Staatstrojaner unnötig. | |
Bild: Alles im Blick? Skype. | |
FREIBURG taz Muss die Polizei mit Trojanern in private Computer eindringen, | |
um Skype-Telefonate abzuhören? Justizministerin Sabine | |
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte dies in Frage gestellt. Es sei doch | |
möglich, über eine Schnittstelle direkt bei Skype abzuhören. Die | |
Luxemburger Justiz bestreitet jedoch, dass es diese Möglichkeit gibt. | |
Die in den letzten Tagen bekannt gewordenen Trojaner-Einsätze erfolgten | |
ganz überwiegend, um Internet-Telefonate abzuhören. Weil Gespräche via | |
Skype verschlüsselt sind, nutzt die Polizei Spionage-Software, um die | |
Signale im Computer - also an der Quelle - abzugreifen, bevor sie | |
verschlüsselt werden. Die Polizei nennt das | |
Quellen-Telekommunikationsüberwachung, kurz: Quellen-TKÜ. | |
Die Quellen-TKÜ ist derzeit aber heiß umstritten, weil zumindest die | |
Trojaner in Bayern mehr konnten, als sie durften, und außerdem | |
Sicherheitslücken in den überwachten Computern verursacht haben sollen. | |
Leutheusser-Schnarrenberger hält den Trojaner-Einsatz für überflüssig - | |
zumindest, wenn es um Gespräche mit dem wichtigsten Anbieter Skype geht. | |
Der sitze nämlich in Luxemburg, einem EU-Staat. Dort könne man | |
Schnittstellen zum Abhören der Gespräche nutzen, meinte die Ministerin | |
vorige Woche vor Journalisten in Berlin. | |
Beraten wurde sie dabei vom Chaos Computer Club. Dessen Sprecherin | |
Constanze Kurz erklärt: "Alle Kommunikationswege haben gesetzliche | |
Abhörschnittstellen." Das sei in ganz Europa gesetzlich so geregelt. | |
Ihr Sprecher-Kollege Frank Rieger vermutet, dass die Polizei nur eine | |
Ausrede gesucht habe, um den Trojaner-Einsatz in Computern als | |
Ermittlungsinstrument durchzusetzen. Bundeskriminalamt und | |
Bundesanwaltschaft beharren aber darauf, dass Skype-to-Skype-Gespäche nicht | |
wie üblich beim Provider (also Skype) abgehört werden können. Deshalb | |
brauche man die Quellen-TKÜ. Normal abhören könne man nur, wenn von Skype | |
aus mit dem Festnetz telefoniert werde, dann aber wende man sich an den | |
Festnetzprovider. Lügen die Sicherheitsbehörden also? Schon seit Jahren? | |
## "Das tun wir nicht" | |
Die Beweisführung ist schwierig. Skype sagt auf Anfrage nur, man "möchte | |
sich nicht an dieser Diskussion und den damit verbundenen Spekulationen | |
beteiligen". 2009 erklärte das Unternehmen zwar, man kooperiere mit | |
Strafverfolgungsbehörden, "wo es legal und technisch möglich sei". Wegen | |
dieser Einschränkung ist die Aussage aber nicht viel wert. | |
2007 wurde der damalige Sicherheitschef von Skype, Kurt Sauer, in einem | |
Interview mit ZDNet gefragt: "Und Sie stellen weder Regierungen noch | |
irgendwelchen Behörden oder Unternehmen Mittel zur Verfügung, um | |
Skype-Gespräche abhören zu können?" Sauers Antwort: "Nein, das tun wir | |
nicht." Ob Skype selbst Gespräche entschlüsseln kann, ließ er offen. | |
In der Datenschutzerklärung von Skype steht allerdings, man stelle den | |
Behörden "Kommunikationsinhalte und Verkehrsdaten" zur Verfügung, wenn sie | |
rechtmäßig angefordert werden. | |
Wie sieht es nun mit der gesetzlichen Abhörschnittstelle in Luxemburg aus? | |
Tatsächlich sind auch dort alle Telekommunikationsunternehmen verpflichtet, | |
der Polizei das Abhören zu ermöglichen. Aber: "Skype ist in Luxemburg nicht | |
als Telekommunikationsunternehmen eingestuft", erklärte Jeannot Nies, der | |
Erste Generalanwalt bei der dortigen Generalstaatsanwaltschaft, auf Anfrage | |
der taz. Die Einstufung habe das Luxemburger Regulierungsinstitut | |
vorgenommen, nicht die Polizei. | |
"Die Luxemburger Polizei kann Skype-zu-Skype-Gespräche daher nicht | |
abhören", sagt Nies. Deshalb sei hierbei auch keine Rechtshilfe für die | |
Polizeien anderer Staaten möglich. Nur wenn es um Vertragsdaten von | |
Skype-Kunden gehe, könne die Luxemburger Justiz helfen. | |
Einen Trost gibt es aber für die FDP. In Luxemburg wird auch keine | |
Quellen-TKÜ eingesetzt. "Den Einsatz von Trojanern durch die Polizei fänden | |
wir rechtsstaatlich bedenklich", sagt Jeannot Nies. | |
20 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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