# taz.de -- Kommentar Piratenpartei: Ehrlich surft am längsten | |
> Das Kernthema der Piratenpartei ist Demokratie. Zu sagen, dass sie nicht | |
> für alles sofort eine Lösung haben, ist ein guter Politikstil in Zeiten | |
> der Eurokrise. | |
Die Piraten gelten gemeinhin als Partei für Netzpolitik, für Datenschutz | |
und Freiheit im Internet. Dabei sind sie in erster Linie eine | |
Demokratie-Partei. | |
Den Einzug ins Berliner Abgeordnetenhaus mit 8,9 Prozent der Stimmen haben | |
sie nicht etwa geschafft, indem sie als Internetnerds auf ihre Kernthemen | |
gesetzt hätten; auf den 51 Seiten des Berliner Wahlprogramms taucht das | |
Wort "Datenschutz" nicht einmal auf. Dafür dutzende Male "Demokratie" und | |
"Transparenz". | |
Vor allem ihr Bekenntnis zum Unwissen bei politischen Grundsatzfragen wie | |
der Wirtschaftspolitik und ihr Versprechen eines neuen Politikstils haben | |
sie auch bundesweit auf derzeit 10 Prozent katapultiert. Damit sind sie zu | |
einer Gefahr für die etablierten Parteien geworden. | |
Wenn diese auf den Erfolg der Piratenpartei jetzt reagieren, indem sie mal | |
schnell ihr netzpolitisches Profil stärken, sich der Netzneutralität und | |
des Datenschutzes annehmen, unterliegen sie einem Missverständnis. So | |
einfach werden sie die Piraten nicht los. | |
Stattdessen müssen sie ihr basisdemokratisches Profil stärken, | |
glaubwürdiger werden und - ehrlich: also hin und wieder eingestehen, nicht | |
für jedes Problem sofort eine Lösung parat zu haben. Das ist der | |
zukunftsversprechende Politikstil in Zeiten der Eurokrise. | |
Ob der Höhenflug der Piraten anhält, möglicherweise bis zur Bundestagswahl | |
2013, liegt ganz bei ihnen. Man wird sie daran messen, ob sie das | |
basisdemokratische Versprechen durchhalten. Täglich treten der Partei rund | |
150 neue Mitglieder bei. Die wollen mitreden, bei jedem Thema. Die | |
Installation einer strategischen Kommandobrücke wäre der Anfang vom Ende. | |
Die Parteispitze darf daher nicht den Verlockungen der Macht erliegen und | |
eigenwillig - wie bereits geschehen - ihre persönliche Meinung medial | |
verbreiten, ohne dass sich die Basis verständigt hat. Denn damit würde sie | |
das wichtigste Kapital der Partei verspielen. | |
27 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
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