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# taz.de -- Finanzkrise in Griechenland: Neulich auf dem Finanzamt
> Die Mühlen der griechischen Bürokratie im Selbstversuch: Steuern bezahlt
> man nicht immer beim Finanzamt, manchmal muss man auch zu einer Bank.
Bild: So hoch sind die Steuerforderungen: auch die Griechen müssen sich mit de…
Neulich habe ich mir einen Tag freigenommen, ich musste zum Finanzamt.
Doch, doch so was gibt es in Griechenland, und wer eines besuchen will,
muss sich dafür Zeit nehmen. Es fängt schon damit an, dass mein Finanzamt
weit weg ist, ungefähr eine Stunde mit Bus und Bahn. Denn ich wohne zwar
längst in einem anderen Stadtteil von Athen, aber zuständig ist weiterhin
das Finanzamt in der Umgebung des Hauses meiner Eltern.
Als Freiberufler werde ich wie ein Unternehmer behandelt, dessen Wohnung
weit weg von der Firma ist. Erst mal zahle ich die neue Kopfsteuer für
Freiberufler, 300 Euro für 2011. Nächstes Jahr sind sogar 500 Euro fällig -
egal ob wir dann 4.000 oder 400.000 oder gar nichts verdienen. Fair finde
ich das nicht, aber gut, jetzt wollen wir die Pleite verhindern.
Eine Ausnahmeregelung für Kleinverdiener gibt es nicht, versichern mir die
Beamten. Immerhin sind sie nett und hilfsbereit, das ist nicht überall so.
Aber sie haben ihre Vorschriften, ich muss zahlen. Immerhin habe ich mit
einem Glück: Ausgerechnet diese Steuer muss bei der Bank eingezahlt werden,
mir kann es also egal sein, dass die Kasse, aus welchen Gründen auch immer,
freitags geschlossen ist. Wer aus einem anderen Grund zur Kasse muss, muss
am Montag wiederkommen.
Ich aber laufe zur Bank. Reger Kundenverkehr zur Mittagszeit, ich muss eine
halbe Stunde warten, zahle, laufe zurück zum Finanzamt. Jetzt geht es um
Grundsätzlicheres, nämlich um meinen Steuerstatus als freier Journalist.
Klar ist, dass eine nicht geringe Einkommensteuer fällig wird; umstritten
ist, ob auch eine Umsatzsteuer dazukommt. Die Beamten sind sich nicht
sicher, offenbar gibt es neue Steuervorschriften.
Daraufhin bitte ich um etwas Geduld: Ich brauche eine Beratung. Weiter zum
Steuerberater. Merke: Die Wahl des richtigen Steuerberaters ist extrem
wichtig. Ein guter Freund, der im Nobelvorort Kifissia wohnt, nimmt einen
Weg von gut zwei Stunden nach Korydallos auf sich, weil er dort einen guten
Steuerberater kennt.
Ich bleibe lieber bei der Firma, von der schon mein Großvater seine
Steuererklärung machen ließ. Mein Berater ist qualifiziert und gar nicht
teuer, hat aber ein Manko: Fixe Termine sind ihm fremd, die Leute gehen ein
und aus, lassen sich beraten, manche sogar im Stehen. Solange du nicht dran
bist, musst du warten und dir Steuerabenteuer fremder Leute anhören. Das
ist nicht schön, aber auch sein Job ist nicht einfach.
Dass er ein Stressventil braucht, sieht man an der Sammlung alter
Eintrittskarten für Rockkonzerte, die er unter der Glasplatte am
Schreibtisch verewigt: Oasis, Mötley Crüe, Judas Priest. Irgendwann sind
wir fertig. Ich laufe zurück zum Finanzamt. Wie spät ist es eigentlich?
Leider zu spät. Ich muss nächste Woche wiederkommen.
7 Nov 2011
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
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