# taz.de -- Regierungsbildung in Griechenland: Kopflose Politiker in Athen | |
> Nach äußerst zähen Verhandlungen zwischen Sozialisten und Konservativen | |
> sinken die Chancen von Exbankier Papademos. Papandreou ist offiziell | |
> zurückgetreten. | |
Bild: Wenigstens einer weiß, wo es lang geht: Wache vor dem Parlament in Athen. | |
ATHEN taz | Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat | |
offiziell seinen Rücktritt bekannt gegeben. Vor einem Treffen mit Präsident | |
Karolos Papoulias sagte Papandreou am Mittwoch in einer Fernsehansprache, | |
er wünsche dem neuen Regierungschef allen erdenklichen Erfolg. Seinen | |
Nachfolger, der die künftige Übergangsregierung leiten soll, nannte er | |
jedoch nicht. | |
"Wir sind durch", hatte Papoulias zuvor in Athen erklärt, nachdem er sich | |
offenbar in einer langen Telefonrunde mit beiden Streithähnen, dem | |
sozialistischen Ex-Ministerpräsidenten Giorgios Papandreou und dem | |
konservativen Oppositionsführer Antonis Samaras über die Zusammensetzung | |
der neuen Regierung geeinigt hatte. Aber mehr verriet er zunächst nicht. | |
Als Kandidaten für den schwierigsten Job Griechenlands waren neben dem | |
zunächst immer wieder genannten ehemaligen EZB-Vizechef Loukas Papademos | |
der Präsident des Europäischen Gerichtshofs, Professor Vassilis Skouris, | |
Parlamentspräsident Philippos Petsalnikos sowie der Vorstandsvorsitzende | |
der privaten Nationalbank von Griechenland, Vassilis Rapanos, im Gespräch. | |
Dass alle drei Neukandidaten zum Noch-Vizeregierungschef und Finanzminister | |
Evangelos Venizelos einen guten Draht haben, ist wohl kein Zufall. Denn an | |
diesem lag es offenbar, dass sich die Regierungsbildung tagelang hinzog und | |
Papademos, lange Zeit unanfechtbarer Favorit für den Chefposten, in immer | |
größere Schwierigkeiten geriet. | |
Offenbar wollten die Machtpolitiker der sozialistischen Pasok dem Bankier | |
nicht verzeihen, dass er seine Bedingungen diktieren wollte. Vor allem | |
eine: dass Papademos in der Finanz- und Wirtschaftspolitik das letzte Wort | |
für sich beansprucht. Was sich gegen Venizelos richtet. | |
## Zittern seit Montag | |
Venizelos selbst hat solchen Szenarien eine Absage erteilt. Es handle sich | |
lediglich um eine Journalisten-Ente, beklagte der Noch-Vizeregierungschef. | |
Doch seine Erklärung klingt wenig überzeugend, da sie erst veröffentlicht | |
wurde, nachdem die Bewerbung von Papademos erst einmal vom Tisch war. | |
Seit Montag war die Rettung Griechenlands zu einer Zitterpartie mit | |
unbekanntem Ausgang geworden - und das nicht nur bei den regierenden | |
Sozialisten. Bis zum letzten Moment weigerte sich die konservative Nea | |
Dimokratia, ihre Schwergewichte in die neue Regierung zu entsenden - aus | |
Angst, man würde die Konservativen in diesem Fall für mitverantwortlich an | |
den künftigen Sparrunden halten. Die Minderheitenmeinung, dass die | |
Beteiligung an einer großen Koalition das Profil der Partei schärfen würde, | |
hat sich offenbar nicht durchsetzen können. | |
Am Donnerstagabend kam auch der Name des ehemaligen Parlamentspräsidenten | |
Apostolos Kaklamanis ins Gespräch - ein Parteiveteran, der sich von der | |
Tagespolitik verabschiedet hat. Seine Nominierung wäre eine Enttäuschung. | |
Jedenfalls hat Griechenland nicht viel Zeit für parteipolitische Spielchen. | |
Die aktuelle Krise in Rom hätte auch Auswirkungen auf das Nachbarland | |
Griechenland, erklärt heute unisono die Athener Presse. Man könne ja von | |
den Italienern nicht erwarten, dass sie sich Geld zu einem Zinssatz von 7 | |
Prozent leihen und anschließend an Griechenland zu 4,8 Prozent | |
weiterverleihen. (mit afp) | |
9 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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