# taz.de -- Diskussion wegen Neonazi-Terror: Ein Geheimdienst ist keine Polizei | |
> Nach dem NS darf in Deutschland keine Sicherheitsbehörde mit zu viel | |
> Macht entstehen. Polizei und Geheimdienste dürfen aber zusammen arbeiten | |
> - und tun dies auch. | |
Bild: Dürfen nicht fusionieren, aber schon ein bisschen kuscheln: Der Chef vom… | |
FREIBURG taz | In den meisten europäischen Staaten arbeiten Polizei und | |
Geheimdienste eng zusammen, insbesondere wenn es um Terrorismus geht. In | |
Deutschland ist das dagegen ein heikles Thema. Als Lehre aus dem Faschismus | |
soll es hier nie wieder eine Behörde mit der Machtfülle der Geheimen | |
Staatspolizei geben. | |
Als der Parlamentarische Rat 1949 das Grundgesetz beriet, schalteten sich | |
die Alliierten mit ihrem sogenannten Polizeibrief ein und forderten, das | |
neu geplante Bundesamt für Verfassungsschutz "soll keine Polizeibefugnisse | |
haben". Es solle nur Informationen sammeln, aber weder Räume durchsuchen | |
noch Personen festnehmen dürfen. | |
Der Polizeibrief selbst gilt spätestens seit der Wiedervereinigung nicht | |
mehr. Allerdings ist der Grundgedanke auch ins Grundgesetz eingeflossen. | |
Artikel 87 sieht unterschiedliche Zentralstellen des Bundes für die | |
Kriminalpolizei und den Verfassungsschutz vor. Das Bundeskriminalamt und | |
das Bundesamt für Verfassungsschutz dürften also nicht zu einer neuen | |
Super-Sicherheitsbehörde fusioniert werden. | |
## Keine "gezielte Erlangung von Zufallsfunden" | |
Ob dem Grundgesetz über das Fusionsverbot hinaus ein Trennungsgebot für | |
Polizei und Geheimdienste entnommen werden kann, ist umstritten. Das | |
Bundesverfassungsgericht hat dies schon mehrfach diskutiert, zuletzt Ende | |
2010 in einer Entscheidung zum Ankauf von Steuersünder-CDs durch den | |
Bundesnachrichtendienst. Ein mögliches Trennungsgebot würde dann besagen, | |
dass Geheimdienste "keine Vernehmungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen | |
durchführen und anderen Zwang ausüben dürfen". | |
Geheimdienste dürften also "nicht zur gezielten Erlangung von | |
Zufallsfunden" für polizeiliche oder finanzamtliche Zwecke eingesetzt | |
werden. Ob es eine derartige verfassungsrechtliche Grenze für den | |
Gesetzgeber gibt, haben die Richter bisher aber stets offengelassen, weil | |
es für die Entscheidung des Falles nicht darauf ankam. | |
Alle weiteren Fragen sind jedenfalls politisch zu entscheiden. So kann der | |
Gesetzgeber verlangen, dass Polizei und Geheimdienste im Rahmen ihrer | |
Befugnisse zusammenarbeiten und ihre Informationen austauschen. Auch | |
gemeinsame Einrichtungen wie die Anti-Terror-Datei oder das Gemeinsame | |
Terrorismusabwehrzentrum verstoßen wohl nicht gegen ein mögliches | |
verfassungsrechtliches Trennungsgebot. | |
Neue Erkenntnisse zur Position des Bundesverfassungsgerichts wird es | |
vermutlich aber schon nächstes Jahr geben. Dann wird über eine | |
Verfassungsbeschwerde gegen die Anti-Terror-Datei entschieden. | |
18 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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