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# taz.de -- Erklärung der Parteien zu Neonazi-Morden: Politiker zeigen sich "b…
> Der Bundestag hat in einer einstimmig verabschiedeten Erklärung eine
> zügige Aufklärung der Neonazi-Mordserie gefordert. Alle fünf Fraktionen
> sprechen den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus.
Bild: Trauerminute im Bundestag.
BERLIN dpa | Der Bundestag hat die Angehörigen der Opfer der Neonazi-Morde
wegen der Fahndungspannen und falschen Verdächtigungen um Entschuldigung
gebeten. "Wir sind beschämt, dass die Sicherheitsbehörden der Länder und
des Bundes die über Jahre hinweg geplanten und ausgeführten Verbrechen
weder rechtzeitig aufdecken noch verhindern konnten", sagte
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am Dienstag vor dem Plenum des
Bundestages. Die Abgeordneten erhoben sich für die Erklärung von ihren
Plätzen.
Der Bundestag bitte um Entschuldigung für manche Verdächtigungen von Opfern
und Angehörigen, die sie während der Ermittlungen erlebt hätten, sagte
Lammert. "Wir wissen um unsere Verantwortung." Das Parlament werde alles
Mögliche tun, um die Ereignisse und Hintergründe aufzuklären. Es müsse
sichergestellt sein, dass die "von der Verfassung garantierten Grundrechte
in diesem Land Geltung haben für jeden der hier lebt, mit welcher Herkunft,
mit welchem Glauben und mit welcher Orientierung auch immer".
Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) versprach umfassende Aufklärung.
Die Morde seien ein Angriff auf die Gesellschaft und die Demokratie. Mit
Blick auf ein neues NPD-Verbotsverfahren sagte der Minister, er habe keine
Zweifel, dass die NPD verfassungsfeindlich sei. Mit einem Verbot wäre der
geistige Sumpf zwar nicht ausgetrocknet, aber es könne verhindert werden,
dass die Partei Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung bekomme. Nun
müssten die Erfolgschancen eines neuen Verbotsverfahrens abgewogen werden.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
versicherte, keine Gefahr für den Rechtsstaat werde verharmlost. "Auf
keinem Auge sind wir blind", sagte sie.
## Angriff auf die Demokratie
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, er empfinde Trauer, Scham
und Wut. Die Morde seien ein Angriff "auf die Art und Weise, wie wir in
diesem Lande zusammenleben, ein Angriff auf uns alle, auf das demokratische
Gemeinwesen selbst". Den Sicherheitsbehörden hielt er Verharmlosung des
Rechtsextremismus vor.
Linke-Fraktionschef Gregor Gysi kritisierte, Verfassungsschützer betrieben
teilweise Kumpanei mit der rechtsextremen Szene. In der Debatte um V-Leute
des Verfassungsschutzes fragte er, wer wen führe: Der Verfassungsschutz die
Neonazis, oder die Neonazis den Verfassungsschutz.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast forderte: "Wir wollen
Untersuchungsausschüsse und schriftliche Berichte." Sie sprach von einer
"Legitimationskrise der Sicherheitsbehörden", die viel zu sehr auf den
Linksextremismus fixiert seien. "Man hätte wissen und sehen können." So
zähle die im Kampf gegen Rechtsextremismus aktive Amadeu-Antonio-Stiftung
etwa 182 Tote durch rechtsextremistische Gewalt seit 1992. Viele davon
tauchten in offiziellen Statistiken nicht auf.
## Gemeinsamer Antrag der Parteien
Die Partei- und Fraktionschefs der im Bundestag vertretenen Parteien hatten
sich kurz zuvor auf eine gemeinsame Erklärung zu der Mordserie des
Zwickauer Neonazi-Trios mit mindestens zehn Toten geeinigt. Angesichts der
Dimension der Vorgänge hatte sich Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU)
für einen gemeinsamen Antrag auch mit der Linksfraktion eingesetzt. Dies
ist ungewöhnlich - sonst lehnt die Union gemeinsame Beschlüsse mit der
Linken grundsätzlich ab.
In der gemeinsamen Erklärung werden die Opfer der Anschläge namentlich
genannt. "Wir sind zutiefst beschämt, dass nach den ungeheuren Verbrechen
des nationalsozialistischen Regimes rechtsextremistische Ideologie in
unserem Land eine blutige Spur unvorstellbarer Mordtaten hervorbringt." Die
Strukturen der Sicherheitsbehörden müssten überprüft werden.
"Rechtsextreme, Rassisten und verfassungsfeindliche Parteien haben in
unserem demokratischen Deutschland keinen Platz." Alle demokratischen
Gruppen, die sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und
Antisemitismus engagieren, müssten gestärkt werden.
Kauder kündigte an, geplante Kürzungen von Mitteln für Projekte gegen
Rechtsextremismus rückgängig zu machen. Die Grünen hatten der für das
bestehende Programm zuständigen Familienministerin Kristina Schröder (CDU)
vorgeworfen, sie habe den entsprechenden Haushaltstitel um zwei Millionen
Euro gekürzt. Zudem setzte die FDP den Angaben zufolge durch, dass die
Gelder für Opferentschädigung im Etat von Leutheusser-Schnarrenberger auf
dem Stand von einer Million Euro bleiben.
22 Nov 2011
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Kristina Schröder
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