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# taz.de -- Bundestagsdebatte zu Nazi-Morden: Jeder gegen jeden, alle gegen Naz…
> Bei der Debatte zu den Nazi-Morden im Bundestag hätte man beinahe
> vergessen können, dass sich die Fraktionen morgens auf eine gemeinsame
> Erklärung geeinigt hatten.
Bild: Stritten sich ums Thema NPD-Verbot: Die Abgeordneten im Bundestag.
BERLIN taz | Irgendwann klatschten sie einfach nicht mehr mit. Es war in
der Mitte der Rede von Frank-Walter Steinmeier, als die Stimmung in den
Koalitionsfraktionen von Harmonie auf Verärgerung drehte, der
SPD-Fraktionsvorsitzende geißelte gerade die Versäumnisse des
Verfassungsschutzes. Nur noch wenige aus Union und FDP applaudierten,
andere schüttelten die Köpfe.
Als der SPD-Mann auch noch ankündigte, Familienministerin Kristina Schröder
habe "alle, die sich gegen rechtsextreme Taten wehrten, unter
Linksextremismusverdacht gestellt" und man werde nun "besonders aufmerksam"
schauen, was sie mache, waren die alten Fronten wieder hergestellt.
Regierung hier. Opposition da. Und, natürlich, alle gegen die Nazis. Es
drohte schnell vergessen zu werden.
Steinmeiers Rede war die zweite einer Bundestagsdebatte zu den Nazi-Morden,
die bemerkenswerte Dinge deutlich gemacht hat: zum einen, dass es möglich
ist, dass die Politik gemeinsam ein Bekenntnis gegen die rechtsextremen
Taten der vergangenen Jahre abgibt. Zum anderen aber auch, dass die
Versäumnisse in den Behörden so eklatant waren, dass harte Debatten um
Verantwortlichkeiten bevorstehen. Der Dienstagmorgen im Bundestag war nur
der Anfang davon.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) machte den Auftakt zu der
kurzfristig einberufenen Debatte - mit einer selbstkritischen Erklärung.
"Wir sind beschämt", sagte Lammert, "dass die Sicherheitsbehörden der
Länder wie des Bundes die über Jahre hinweg geplanten und ausgeführten
Verbrechen weder rechtzeitig aufdecken noch verhindern konnten".
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) betonte, für
Fremdenfeindlichkeit "darf in unserem Land kein Platz sein". All dies:
gesagt unter breiter Zustimmung des Plenums.
## Streit um NPD-Verbot
Erst beim Thema NPD-Verbot wurde es kontrovers. Friedrich betonte, man
solle "diesen Aspekt nicht in den Mittelpunkt stellen", aber wenn es
erreichbar wäre, "dann wäre ein Verbot sinnvoll". Für Steinmeier war das zu
wenig. Er verpackte Kritik in ein vergiftetes Lob: Dankbar sei er, sagte
Steinmeier, dass Friedrich sich dem Thema NPD-Verbot geöffnet habe. Aber:
"zu vorsichtig".
Als es um den Verfassungsschutz und das Versagen der V-Leute ging, forderte
Steinmeier, angelehnt an Gerhard Schröders "Aufstand der Anständigen", den
"Anstand der Zuständigen". Unterstützung erhielt er vom
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, der gleich "alle V-Leute" abschalten
wollte. Innenminister Friedrich blieb in dem Punkt hart: V-Leute seien ein
"wichtiges Frühwarnsystem in der Szene".
Als sich die Streitpunkte während der still und bedächtig gestarteten
Debatte Stück für Stück entspannen, hatte man fast vergessen, dass sich die
Fraktionen zu Anfang des Tages auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt
hatten.
Aber auch darum wurde hinter den Kulissen heftig gerungen. Aus SPD-Kreisen
hieß es, die Erklärung sei aus einer Zeitungsanzeige entstanden, die man
mit den Grünen habe schalten wollen. Die Union habe sich angeschlossen. In
Unionskreisen betonte man, der Antrag habe nichts mit der Anzeige zu tun,
der eigene Fraktionschef Volker Kauder habe zu einem Treffen in seinem Büro
eingeladen.
Immerhin, dieses Treffen fand tatsächlich vor der Debatte statt. In Kauders
Büro trafen sich Fraktions- und Parteichefs aller Bundestagsfraktionen -
auch der Linken. Gregor Gysi im Büro von Volker Kauder, sogar offiziell: So
ganz war der Geschmack des Gemeinsamen doch nicht zu leugnen, an diesem
Dienstag in Berlin.
22 Nov 2011
## AUTOREN
Gordon Repinski
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
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