# taz.de -- Polizei und Journalisten im Wendland: Presse auf die Fresse | |
> Die Polizei im Wendland ist nicht nur rabiat gegen Aktivisten | |
> vorgegangen. Auch Journalisten hat sie teils massiv an ihrer Arbeit | |
> gehindert. Davon wissen will aber niemand. | |
Bild: Ein Fotojournalist wird bei Metzingen nicht durchgelassen. | |
HITZACKER taz | Entschuldigend reagiert die Polizeidirektion Lüneburg auf | |
Berichte über Übergriffe und Behinderungen von Journalisten beim | |
Castortransport. "Sollte es im Einsatzgeschehen für Journalisten zu | |
unangenehmen Situationen gekommen sein, bedauern wir das", sagte Sprecher | |
Michael Oettel am Sonntag der taz. | |
Der taz sind gleich mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Journalisten im | |
Wendland durch Einsatzkräfte behindert, bedroht oder angegangen wurden. So | |
berichtet etwa der Fotojournalist Timo Vogt, er sei am Samstag beim | |
Versuch, hinter eine Polizeikette zu gelangen, zunächst von einem | |
Polizisten geschubst und dann mit dem Visier des Helmes ins Gesicht | |
gestoßen worden. Vogt trug eine Wunde samt Prellung davon. "Das war | |
Absicht", sagt er. | |
Ein taz-Journalist berichtet von Drohungen mit Knüppeln, Beleidigungen wie | |
"Verpiss Dich, Du Arschloch" und Lautsprecherdurchsagen, der Wasserwerfer | |
werde auch auf "Vertreter der Presse" schießen. Ein Fotoreporter der | |
Nachrichtenagentur dapd fotografierte am Samstag, wie ein Polizist mit | |
erhobenen Gummiknüppel in der Hand einen Fotografen verfolgte und trat. | |
Sowohl Vogt als auch der betroffene taz-Journalist haben sich umgehend bei | |
der Einsatzleitung vor Ort bzw. der Polizeipressestelle beschwert. | |
Dort weiß Sprecher Oettel dennoch nichts von den Vorwürfen. Ihm sei | |
lediglich ein Fall bekannt – in dem sich im Nachhinein herausgestellt habe, | |
dass ein Journalist nicht wie behauptet durch den Schlag eines Polizisten, | |
sondern durch einen Sturz am Kopf verletzt worden sei. "Wir sind wirklich | |
an einer guten Zusammenarbeit mit der Presse interessiert", sagt er. Man | |
habe das auch im Vorfeld "an die Einsatzkräfte zu transportiert." Einzelne | |
"schwarze Schafe" könne es dennoch geben. | |
Auch über die spezielle Presseakkreditierung für Journalisten habe man die | |
eigenen Leute vorab informiert. Die Polizeidirektion Lüneburg hatte | |
Journalisten im Vorfeld aufgerufen, sich zusätzlich zum regulären | |
Presseausweis für den Castortransport unter Angabe persönlicher Daten bei | |
der Polizei zu registrieren - damit sie "ohne weitergehende Überprüfungen | |
als Medienvertreter erkannt werden." Und auch Oettel spricht von einem | |
"Service, der die Arbeit eigentlich erleichtern sollte." | |
Genutzt hat das weiße Schild an blauem Bändel allerdings nicht allen | |
Journalisten. Einsatzkräfte sollen den Ausweis zum Teil nicht gekannt, zum | |
Teil schlicht nicht berücksichtigt haben. Auch vor Übergriffen hat die | |
Sonderakkreditierung offenkundig nicht alle geschützt. Der | |
Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Michael | |
Konken, hatte bereits am Freitag eine freie Berichterstattung vom | |
Castortransport gefordert. Journalisten hätten "einen Informationsauftrag, | |
der insbesondere bei einem so wichtigen Ereignis nicht von der Polizei | |
eingeschränkt werden darf." | |
Kritisch äußerte sich der DJV auch über einen Vorfall, bei dem die Polizei | |
bei Metzingen die Schutzausrüstung eines akkreditierten Fotojournalisten | |
beschlagnahmt hatte. "Es ist völlig unverständlich und nicht hinnehmbar, | |
wenn die Polizei von akkreditierten Journalisten Schutzbekleidung, Atem- | |
oder Kopfschutz konfisziert und damit deren Gesundheit gefährdet anstatt | |
sie zu schützen", sagte Bernd Lammel, Vorsitzender des DJV-Landesverbandes | |
Berlin, der taz. "Journalisten verdienen in einer solchen Situation die | |
gleichberechtigte Schutzbedürftigkeit wie Sanitäter, Feuerwehrleute oder | |
alle anderen Personen, die aus beruflichen Gründen vor Ort sein müssen." | |
28 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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