# taz.de -- Folgen eines Verbots für Berlin: NPD-Verbot ja, aber | |
> Berlin ist für ein NPD-Verbotsverfahren gerüstet. Hat es Erfolg, würde | |
> die Parteizentrale aufgelöst, BVV-Mandate verfielen und Parteigelder | |
> stünden für Gemeinnütziges zur Verfügung. | |
Bild: Hätte ein Verbotsverfahren Erfolg hieße es: Abtreten, NPD! | |
Ein "rechtssicheres Verbot" der NPD sei ein klares Ziel der | |
Landesregierung, so stellten SPD und CDU bei der Präsentation ihres | |
Koalitionsvertrags klar. Und auch in anderen Bundesländern wird der Ruf | |
nach einem Ende der Neonazi-Partei lauter, nachdem diese Woche ein | |
Exfunktionär als Unterstützer der Zwickauer Rechtsterroristen verhaftet | |
wurde. Welche Folgen hätte ein NPD-Verbot für Berlin? | |
Die NPD-Zentrale in Köpenick müsste "aufgelöst" werden, wie die | |
Senatsinnenverwaltung mit Bezug auf das Bundesverfassungsgerichtsgesetz | |
erklärt. Zudem gingen die Mandate der Partei in | |
Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) - derzeit jeweils zwei in | |
Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick - verloren; die | |
Parlamente würden entsprechend verkleinert. Das Vermögen der Partei würde | |
vom Land eingezogen, das Geld dürfte "zu gemeinnützigen Zwecken" verwendet | |
werden. Gleichzeitig würde ein Verbot ausgesprochen, eine | |
"Ersatzorganisation zu schaffen". | |
Die Grundlage für ein Verbot der NPD - der im Land 250 Mitglieder angehören | |
- wäre in Berlin vorhanden. Berlin habe keine V-Leute in Führungspositionen | |
in der Partei, wiederholte Ex-Innensenator Ehrhart Körting (SPD) erst am | |
Montag. 2003 war ein Verbot der NPD an der Vielzahl an Spitzeln in der | |
Partei gescheitert. Körting hatte schon 2009 bekannt gemacht, dass auch | |
andere sozialdemokratisch geführte Bundesländer keine NPD-Kader als V-Leute | |
führen. Unklar ist, ob auch der neue CDU-Innensenator Frank Henkel an der | |
Praxis festhält. | |
Am offensichtlichsten wären die Folgen eines erfolgreichen | |
Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht in Treptow-Köpenick. | |
Hier hat die NPD ihre Bundeszentrale; hier sitzt Udo Voigt - bis vor Kurzem | |
Bundeschef - in der BVV. "Die Zentrale und die NPD-Mitglieder loszuwerden | |
wäre natürlich toll", sagt Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD). "Gelöst | |
wäre das Problem aber nicht." Igel verweist auf rechte Treffpunkte im | |
Bezirk wie die Kneipe Henker, die fortbestehen würden. "Und das | |
rechtsextreme Denken wäre nicht verschwunden." Deshalb sei eine | |
"gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung" mit Rechten wichtiger als ein | |
NPD-Verbot. | |
Letzteres wäre ein "herber Rückschlag" für die rechte Szene, so Bianca | |
Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. "Die Partei bietet | |
der Szene wichtige Rückzugsorte, in geringem Maße auch finanzielle | |
Unterstützung." In Wahlkampfzeiten bliebe antidemokratische Propaganda der | |
NPD erspart. Klose betont aber, dass sich die Politik auch nach einem | |
Verbot gegen rechts positionieren müsste. "Neonazis nehmen sich den Raum, | |
der ihnen geboten wird, mit oder ohne Parteibuch." | |
Dass die rechte Szene nachhaltig durch ein Verbot geschwächt würde, sehen | |
Experten skeptisch. "Die Bewegung würde sicher zuerst zurückgeworfen", sagt | |
Christoph Schulze vom antifaschistischen pressearchiv. "Der harte Kern | |
würde dann aber auf dem bewährten Kameradschaftsticket weitermachen." | |
Wie eng in Berlin parteilose Neonazis und die NPD verbunden sind, lässt | |
sich an einer Person ablesen: Sebastian Schmidtke. Der 27-Jährige gilt als | |
Kopf des Netzwerks "Nationaler Widerstand", er ist NPD Vize-Chef. | |
Mobilisiert Schmidtke zu NPD-Demos, folgen viele "Kameradschaftler". Die | |
waren es auch, die im Wahlkampf für die NPD plakatierten. Der | |
Verfassungsschutz attestiert der Berliner NPD einen "unverhohlen | |
neonazistischen" Kurs, gerade durch Einbindung der "Freien Kräfte". | |
"Die hiesige Neonazi-Szene nutzt die NPD für sich, aber sie ist nicht von | |
ihr abhängig, eher andersrum", so Schulze. Und SPD-Bezirksbürgermeister | |
Igel geht davon aus, dass sich auch NPD-Mitglieder nach einem Verbot ihrer | |
Partei bei rechten Netzwerken oder rechtspopulistischen Parteien | |
wiederfinden würden. | |
2 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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