# taz.de -- Ermittlungen gegen rechte Terroristen: Gefährlicher Untergrund | |
> Viele Merkwürdigkeiten, täglich neue Rätsel. Die fast 500 Polizisten | |
> tappen oft im Dunkeln, können nur mutmaßen. Nun suchen sie 160 Rechte, | |
> die verschwunden sind. | |
Bild: Parolen an der Wand erweisen sich als hilflose Gesten - angesichts der Na… | |
BERLIN taz | Seit den monatelangen verdeckten Ermittlungen gegen die | |
Sauerlandgruppe hat es keinen so großangelegten Einsatz der deutschen | |
Sicherheitsbehörden mehr gegeben. Am "Unternehmen Alberich" gegen die | |
islamistischen Terroristen um Fritz Gelowicz waren im Jahr 2007 rund um die | |
Uhr 300 bis 600 Beamte beteiligt. | |
Bald 500 Polizisten vom BKA und von den Ländern ermitteln inzwischen gegen | |
den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) und sein Umfeld. Live im | |
Fernsehen hatten die Ermittler am Donnerstag sich und ihre Erkenntnisse | |
präsentiert, um schließlich die Bevölkerung anhand von Urlaubsfotos der | |
drei mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe | |
zur Mithilfe aufzurufen. | |
Es ist auch ein Zeichen der Ratlosigkeit. Denn an vielen Stellen stochern | |
die Ermittler von BKA und Bundesanwaltschaft noch immer im Nebel. Tag für | |
Tag tun sich neue Fragen auf. | |
So ist nach wie vor völlig unklar, warum die Neonazis im April 2007 in | |
Heilbronn die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen haben. In | |
Sicherheitskreisen ist man mehr denn je davon überzeugt, dass die Antwort | |
darauf im früheren Heimatort Kiesewetters, der 1.800-Einwohner-Gemeinde | |
Oberweißbach in Thüringen, liegen muss. Dort hatte der Schwager des wegen | |
Verdachts auf Beihilfe zu den NSU-Morden inhaftierten früheren | |
NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben einst eine rechte Szenegaststätte betrieben. | |
## Frage nach Verbindungen zu Kiesewetter | |
Dazu kommen weitere Merkwürdigkeiten. So hat nach Informationen der taz ein | |
Familienmitglied von Kiesewetter nicht nur einen Koch mit Beate Zschäpes | |
Geburtsnamen beschäftigt. Dieser soll zudem ein Auto-Kennzeichen mit den | |
Buchstaben und Ziffern "AH 204" beantragt haben. In der rechtsextremen | |
Szene ist das ein beliebtes Kürzel, denn: Adolf Hitler ist am 20. 4. | |
geboren. Wie das alles mit dem NSU zusammenhängen soll, ist rätselhaft. | |
Aber kann es so viel Zufall geben? | |
Rätsel gibt auch das Kartenmaterial auf, das die Polizei im abgebrannten | |
Haus des Terror-Trios in Zwickau gefunden hat. Daraus ergibt sich, dass die | |
Mörder ihre Taten mit langem Vorlauf geplant haben, ihre Opfer intensiv | |
ausspähten, Details wie nicht abgeschlossene Türen vermerkten. Doch die | |
Ermittler fanden nicht nur mit handschriftlichen Notizen und eigenen | |
Legenden ergänzte Karten aus den Städten der bisher bekannten Tatorte, | |
sondern auch aus anderen Städten, darunter Dortmund. Auch Bewohner von | |
Asylbewerberwohnheimen wurden beobachtet. | |
Die Frage ist nun: Gab es weitere Taten des NSU, die bisher noch nicht der | |
Terrorgruppe zugerechnet wurden? Oder hatten die Neonazis nur weitere Taten | |
geplant, die dann aus ungeklärten Gründen nicht ausgeführt wurden? | |
## Wie viele Abgetauchte sind gefährlich? | |
All das müssen BKA und Bundesanwaltschaft klären. Vor allem aber müssen sie | |
nach weiteren Helfern und Helfershelfern des Terror-Trios suchen - aber | |
auch nach möglichen gefährlichen Neonazis, die unabhängig vom NSU in den | |
Untergrund gegangen sind. | |
Vergangene Woche waren die Chefs der Sicherheitsbehörden in einer Sitzung | |
des Innenausschusses von Bundestagsabgeordneten massiv kritisiert worden, | |
weil sie nicht sagen konnten, wie viele per Haftbefehl gesuchte | |
Rechtsextremisten es gibt, die nicht zu finden sind. | |
Nun hat das BKA nach taz-Informationen 160 von der Bildfläche verschwundene | |
Personen aus der rechten Szene identifiziert. Aus dieser Liste sollen nun | |
diejenigen herausgefiltert werden, die tatsächlich abgetauchte gewalttätige | |
Neonazis sein könnten. Gegen einige der Gesuchten liege kein Haftbefehl | |
wegen einer Straftat vor, vielmehr seien manche nur wegen nicht geleisteter | |
Unterhaltszahlungen verschwunden und vermutlich nicht gefährlich. | |
Mindestens einer soll es aber sein. | |
2 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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