Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Merkel will europäische Schuldenbremse: "Keine deutsche Dominanz"
> In ihrer Regierungserklärung kündigt die Kanzlerin an, beim EU-Gipfel für
> schärfere Durchgriffsrechte gegen Schuldensünder zu kämpfen. Die
> EU-Verträge sollen geändert werden.
Bild: Es wird eng bei der Rettung des Euro - Bundeskanzlerin Angela Merkel vor …
BERLIN dpa | Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eindringlich für eine
glaubwürdige Stabilitätsunion in der Eurozone geworben. Angesichts ihrer
Führungsrolle im Kampf gegen die Schuldenkrise bemühte sie sich in einer
Regierungserklärung vor dem Bundestag am Freitag zugleich, Ängste vor einer
deutschen Dominanz in Europa zu zerstreuen: "Das ist abwegig." Sie wolle
eine Spaltung der EU in Eurostaaten und Mitgliedstaaten ohne
Gemeinschaftswährung vermeiden. "Deutsche und europäische Einigung waren
und sind zwei Seiten ein- und derselben Medaille. Das werden wir nie
vergessen."
Notwendig sei eine "neue europäische Schuldenbremse", sagte Merkel eine
Woche vor dem EU-Krisengipfel in Brüssel. "Wir müssen die Fundamente der
Wirtschafts- und Währungsunion nachhaltig stärken." Dazu seien
Vertragsänderungen notwendig.
Die Kanzlerin und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wollen am Montag in
Paris ein Konzept für eine Reform der Währungsunion vorlegen. Angestrebt
werden schärfere Sanktionen gegen Haushaltssünder und eine strengere
Aufsicht über die Etatpläne einzelner Euro-Länder.
Die Opposition hielt Merkel vor, ihre Aufforderung zum Sparen an die
Krisenländer seien nicht umsetzbar, weil dies die Wirtschaft abwürgen und
Arbeitsplätze kosten würde.
Merkel sieht Europa in der schwersten Krise seit Einführung des Euro, wenn
nicht in der Geschichte der europäischen Einigung. Die Politik habe über
Jahre hinweg "leider nahezu jedes Vertrauen verspielt, verwirkt und fast
zerstört", beklagte sie angesichts dutzender Verstöße gegen die
Euro-Stabilitätsregeln. Die Schuldenkrise sei nicht über Nacht zu lösen.
"Es gibt diesen einen Befreiungsschlag, den einen Paukenschlag nicht, es
gibt keine einfachen und schnellen Lösungen - schon gar nicht (...) den
angeblich letzten Schuss", betonte Merkel. "Der vor uns liegende Weg ist
noch lang, und er ist auch alles andere als einfach".
## Sicherung der Stabilität
Mit Blick auf Forderungen nach mehr Eingriffen der Europäischen Zentralbank
(EZB) in der Schuldenkrise betonte Merkel die Unabhängigkeit der Notenbank.
"Es ist höchstes Gut unserer Demokratie, die Glaubwürdigkeit und die
Vertrauenswürdigkeit dieser beiden Institutionen - der Gerichte wie der
Notenbanken - zu schützen und zu wahren." Daher werde sie auch künftig
nichts kommentieren, was die EZB tue oder lasse. Aufgabe der EZB sei die
Sicherung der Geldwertstabilität. "Und genau das tut die Europäische
Zentralbank."
Die Notwendigkeit einer Fiskalunion sei weitgehend anerkannt, sagte Merkel.
Dazu gehörten eine mit Durchgriffsrechten durchsetzbare Haushaltsdisziplin
ihrer Mitglieder und ein wirksames Instrumentarium für Krisenfälle. "Und
dazu führt kein Weg daran vorbei, die europäischen Verträge zu ändern oder
- das wäre die zweitbeste Lösung - neue Verträge innerhalb der Eurogruppe
zu schaffen." Es solle jedem Nicht-Euro-Mitglied freigestellt sein, sich
den stärkeren Verbindlichkeiten der Eurozone anschließen zu können.
Gemeinsamen Staatsanleihen der Euro-Länder erteilte Merkel erneut eine
Absage. Eine gemeinsame Haftung für die Schulden anderer sei nicht denkbar.
"Damit erledigt sich genau deshalb jetzt auch eine Diskussion über
sogenannte Eurobonds." Die Regierungschefin warnte davor, die Möglichkeiten
des Euro-Rettungsfonds EFSF zu unterschätzen.
"Ich rate uns, nicht die EFSF schlecht zu reden, sondern das zu machen, was
möglich ist." Hintergrund ist, dass die EFSF-Zahlungen mit Hilfe weiterer
Investoren nicht wie erhofft auf bis zu eine Billion Euro und mehr
vervielfacht werden können.
## Schulmeister Deutschland
##
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Merkel vor, durch ihr
Zaudern die Krise zu verschärfen. Selbst wohlmeinende europäische Nachbarn
seien inzwischen gegen Deutschland aufgebracht, weil die Bundesregierung
den Schulmeister spiele.
"Wer Lehrmeister sein will, wer andere zum Sparen auffordert, der muss
wenigstens sein eigenes Haus in Ordnung halten." Schwarz-Gelb plane dagegen
trotz hoher Verschuldung Ausgaben für Steuersenkungen und Betreuungsgeld.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin nannte die Sparvorschläge für die
Krisenländer nicht umsetzbar und warf Schwarz-Gelb vor, "Steuersenkungen
auf Pump" zu planen. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi sieht Merkel
gescheitert. Es sei der falsche Weg, die Probleme durch drastischen
Sozialabbau lösen zu wollen.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle pochte auf die Schaffung einer
eigenen europäischen Ratingagentur. Es sei höchste Zeit, dass Europa eine
Institution zur Bonitätsbewertung als Gegengewicht zu den
US-Ratingagenturen bekomme.
2 Dec 2011
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Fiskalunion der Eurozone: Merkels Mogelpackung
Der Entwurf Angela Merkels zu einer "Fiskalunion" enttäuscht auf ganzer
Linie. Das, was die Eurozone eigentlich braucht, hat die Kanzlerin
verhindert.
Fiskalunion für die Eurozone: Wachstum wird zur Nebensache
Die geplante Fiskalunion für die Eurozone setzt auf Disziplin und
Sanktionen. Für interessierte Nicht-Euro-Länder soll es aber viele
Ausnahmen geben.
Streit auf dem Euro-Rettungsgipfel: Der Gipfel spricht noch nicht Deutsch
Streit in Brüssel: Mehrere Länder widersetzen sich Merkels Plan für eine
EU-Vertragsänderung. Doch zur Not will die Kanzlerin ihre Vorstellungen
durchdrücken.
Kommentar Rating-Agenturen: Investoren pfeifen drauf
Die Ratingagentur Standard & Poors droht, 15 Euroländer herabzustufen. Das
ist eine martialische Geste - die nichts bedeutet. Denn sie verkündet
nichts Neues.
Kreditwürdigkeit der Eurozone: Herabstufung Deutschlands droht
Eine US-Ratingagentur stellt 15 Eurostaaten unter verschärfte Beobachtung.
Darunter auch Deutschland, das sein Toprating verlieren könnte. Kanzlerin
Merkel reagiert gelassen.
Debatte Merkels Eurokurs: Der pure Wahnsinn
Die ganze Welt redet auf Merkel ein, endlich aktiv zu werden. Doch die
wartet weiter ab. Politisch ist das rational, ökonomisch ist es nicht
nachzuvollziehen.
Kein Ausweg aus der Euro-Krise: Leiden ohne Ende
Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy schwören ihre Bürger auf
harte Zeiten ein. Doch sie streiten darüber, wie die Schuldenpolitik zu
stoppen ist.
Streik in Griechenland: Stellenabbau und Sondersteuern
Ein landesweiter Streik im öffentlichen Dienst legt das Land weitgehend
lahm. Die griechische Regierung verspricht, den Sparkurs fortzusetzen.
Gerangel um EZB-Posten: Nordeuropäer wollen keinen Spanier
Die Niederlande und andere nordeuropäischen Länder wollen verhindern, dass
ein Spanier in das EZB-Direktorium nachrückt. Sie wollen mehr Vertreter der
"stabilitätsorientierten" Staaten.
Finanzkrise in Europa: Draghi auf Merkelkurs
Die Europäische Zentralbank will nicht dauerhaft Feuerwehr spielen und
mahnt, die Politik müsse die Krise bewältigen. Derweil steht Frankreichs
Präsident Sarkozy stark unter Druck.
Verhandlungen über Stabilitätsvertrag: Sparen für die Eurobonds
Deutschland und Frankreich verhandeln angeblich über einen neuen
Eurostabilitätsvertrag - notfalls nur mit einer Kerngruppe. Die Regierung
dementiert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.