# taz.de -- Urheberrecht in deutschen Schulen: Suche nach den verbotenen Kopien | |
> Am Dienstag werden die Lehrerverbände über eine Plagiatssoftware | |
> informiert, die Schulrechner durchforsten soll. Den Betroffenen ist die | |
> Dimension des Ganzen nicht bewusst. | |
Bild: Steht er unter Generalverdacht? Der Lehrer. Hier sind seine Unterlagen. | |
Die Software zur Durchleuchtung der Schulcomputer hat die Parlamante | |
erreicht. Die Piraten haben zusammen mit Grünen und Linken den Berliner | |
Senat aufgefordert, den Vertrag über die Plagiatssoftware rechtlich zu | |
überprüfen. | |
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses sei der Vertrag auszusetzen, der den | |
Einsatz des Schultrojaners regelt. Geschlossen haben ihn die | |
Kultusminister, die Schulbuchberlage und die Verwertungsgesellschaften vor | |
einem Jahr. | |
Am Dienstag wollen die Kultusminister und die Verlage die Lehrerverbände | |
erstmals gemeinsam über den Vertrag informieren. "Es gibt keinen | |
Schultrojaner und also auch keinen Skandal", sagte der Geschäftsführer des | |
VDS Bildungsmedien, Andreas Baer, der taz. "Niemand, wir schon gar nicht, | |
forsten irgendwelche Schulrechner durch." | |
Der Vertrag erlaubt dem früheren "Verband der Schulbuchverlage", eine | |
Plagiatssoftware zu programmieren, "mit welcher digitale Kopien … auf | |
Speichersystemen [von Schulen, die Red.] identifiziert werden können". Die | |
Kultusminister sollen dann dafür sorgen, dass mit der Software ein Prozent | |
der öffentlichen Schulen auf verbotene digitale Kopien überprüft wird. | |
## Der falsche Weg | |
"Was uns Piraten so aufbringt ist, dass weder Parlamente noch Schulen | |
begreifen wollen, was eigentlich passiert, wenn eine Plagiatssoftware | |
installiert wird", sagte der Berliner Piratenabgeordnete Christopher Lauer: | |
"Das spielt Kultusministern und Schulbuchverlagen in die Karten, weiter | |
ihre Geheimverhandlungen zu führen." | |
Auch die Grünen sind inzwischen hellhörig geworden. "Eine | |
Überprüfungssoftware ist genau der falsche Weg für die Schule und das | |
Urheberrecht der Zukunft", sagte der netzpolitische Sprecher der Partei, | |
Malte Spitz. "Denn die Manipulationsmöglichkeiten einer solchen Software | |
können schwer kontrolliert werden." Spitz will jetzt grünen | |
Bildungsministern und Mandatsträgern auf die Füße treten - und den | |
Parteitagsbeschluss über "open educational ressources" als Alternative zum | |
Schultrojaner vorantreiben. | |
Im Netz stehen seit Wochen die Lehrerblogger Kopf. Sie haben begonnen, für | |
die Kollegen offen zugängliche Lehrmaterialien ins Netz zu stellen. Lehrer | |
und ihre Verbände sind empört über den Vertrauensbruch, Schulcomputer auf | |
verbotene Bücher durchforsten zu lassen. Der Kölner Tablet-Lernen-Pionier | |
André Spang sagte auf Deutschlandradio Kultur, der Vertrag habe in der | |
Lehrerschaft einen Schock ausgelöst. "So was ist absolut kontraproduktiv, | |
weil das bei den Kollegen Ängste und Bedenken schürt". An Spangs | |
Kaiserin-Augusta-Schule gibt es ein avanciertes Projekt über das Lernen mit | |
Tablet-Computern. | |
## Zuerst Konzept und Aufbau | |
Der Geschäftsführer der Schulbuchverlage, Andreas Baer, kann die Aufregung | |
nicht verstehen: "Wir reden nicht über ungelegte Eier. Die Plagiatssoftware | |
ist noch gar nicht programmiert." Es werde noch über das Konzept und den | |
Aufbau von Datenbanken mit Lehrwerken nachgedacht. | |
Den Berliner Piraten Lauer amüsieren die Datenbanken nicht: "Das heißt, | |
dass die Software übers Internet mit der Datenbank kommuniziert, da werden | |
die Schulrechner also geöffnet." Seine Parlamentsrede zum Schultrojaner | |
avanciert gerade zu einem YouTube-Hit. "Die Ausrede, die Verlage hätten die | |
Software noch gar nicht programmiert und daher könnten die | |
Datenschutzbeauftragten nichts kontrollieren, ist so grotesk wie politisch | |
gefährlich. Kann irgendjemand in diesem Land ein Haus bauen, ohne vorher | |
den Statiker auf die Baupläne schauen zu lassen?" | |
12 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
C. Füller | |
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