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# taz.de -- Bildungslobbyist über Schultrojaner: "Lehrer sind wütend und entt…
> Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Vereins Bildung und Erziehung, über
> Plagiatssoftware für Schulen und Lehrer, die unter Generalverdacht stehen
> sollen.
Bild: Trojaner sollen Lehrer überwachen - warum nicht erst an Politikern teste…
taz: Herr Beckmann, man wollte Ihnen die Bedenken gegen die
Plagiatssoftware wegmassieren. Kann das gelingen?
Udo Beckmann: Nein, denn ich finde der ganze Ansatz des Misstrauens und
Kontrollierens ist falsch. Ich erwarte weiter eine klare Ansage von den
Kultusministern, dass sie einen anderen Weg einschlagen. Unsere
Dienstherren dürfen keine so genannte Plagiatssoftware zulassen, um
LehrerInnen als vermutliche Raubkopierer zu enttarnen.
Das heißt: Darf die Software kommen?
Auf keinen Fall. Wir brauchen eine Alternative. Zum Glück ist der Konflikt
um den 'Schultrojaner' heute entschärft worden. Ich begrüße es, dass in den
kommenden Monaten zwischen den Verhandlungspartnern mögliche Alternativen
zu einer Plagiatssoftware diskutiert werden. Vor allem werden wir
Lehrerverbände frühzeitig eingebunden.
Wie kann die aussehen?
Wir sollten das Pferd nicht von hinten aufzäumen und nachträglich
kontrollieren, ob jemand Lehrwerke kopiert hat. Die Kultusminister und die
Schulträger müssen vorher die finanziellen Bedingungen schaffen, damit die
Schulen die notwendigen Lizenzen erwerben können. Dass in Deutschland die
Bildungsfinanzierung internationalen Vergleichen nicht standhält, ist doch
in den Schulen mit Händen zu greifen.
Was heißt das konkret?
Wenn Lehrer einen reichhaltigen Unterricht anbieten wollen, dann darf man
sie eben nicht durch knappe Kassen dazu bringen, sich Sachen selbst zu
organisieren. Sehen sie, allein wegen der veralteten Bücher oder
unzureichender Klassensätze müssen Lehrer aus Aktualitätsgründen doch
Kopien herstellen. Die Schulträger müssen das also bezahlen und dürfen es
nicht bestrafen, so heißt unsere Maxime.
Und wie geht es weiter, wenn Verlage und KMK doch an der
Lehrer-Überwachungssoftware festhalten?
Wir werden nicht locker lassen, dagegen zu kämpfen. Wir werden die
Datenschutzbeauftragten anrufen, damit sie prüfen, was da eigentlich
programmiert wird. Wenn Lehrer damit kriminalisiert werden oder wenn man
auf ihre persönlichen Daten zugreifen kann, dann werden wir das verhindern.
Wie geht es den Lehrern mit der Kontrollsoftware?
Sie sind erbost. Sie sind wütend und enttäuscht, dass in den Schulen
Methoden eingesetzt werden sollen, die sie durchleuchten und ihnen die
Arbeit erschweren. Von Lehrern wird - seit Pisa umso mehr – erwartet, ihren
Schülern einen spannenden und fördernden Unterricht mit vielen
verschiedenen Methoden und Aufgaben zu bieten. Sie sind bestrebt, die
Urheberrechte zu respektieren – und merken, dass sie dennoch unter
Generalverdacht gestellt werden. Dagegen verwahren sich die Lehrer, und wir
tun das auch.
IT-Experten sagen, ein Schultrojaner, der nur nach Lehrwerken sucht, ist
gar nicht programmierbar. Eine solche Software muss notwendigerweise alle
Textdateien in einem Rechner scannen, um elektronische Kopien von
Schulbüchern zu identifizieren.
Genau da liegt das Problem. Man hätte die Datenschutzbeauftragten viel
früher einbeziehen müssen. Der ganze Aufwand lohnt sich doch gar nicht,
wenn eine Plagiatssoftware nicht unbedenklich programmierbar ist. Die
Kultusminister müssen umkehren. Ich verstehe die Schulbuchverlage, dass sie
Erlöse für ihre Produkte erzielen wollen. Dafür gibt es aber eine ganze
schlichte Lösung: Gebt den Schulen das notwendige Geld, so dass sie Lehr-
und Lernmittel und die Lizenzen für die Lernsoftware zur Individualisierung
des Unterrichts kaufen können.
13 Dec 2011
## AUTOREN
Christian Füller
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
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