# taz.de -- Schulreform Baden-Württemberg: Gemeinschaftsschule light | |
> Die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg reformiert das Schulsystem - | |
> aber ganz vorsichtig. Gewerkschafter überzeugt das nicht. Sie fordern | |
> mehr Lehrer. | |
Bild: Gemeinschaftsschulen müssen besser ausgestattet werden, vor allem mit me… | |
BERLIN taz | Die baden-württembergische Landesregierung will zum nächsten | |
Schuljahr die Gemeinschaftsschule einführen. Am Dienstag legte sie dafür | |
ihren Gesetzentwurf vor. | |
Damit geht die grün-rote Koalition zwar eines ihrer wichtigsten politischen | |
Ziele an. Allerdings wählt sie den vorsichtigen Weg und bietet die | |
Gemeinschaftsschulen als freiwilliges Angebot an. Die Bildungsgewerkschaft | |
kritisiert jedoch eine schlechte Ausstattung. | |
Zum Schuljahr 2012/13 sollen zunächst etwa 30 Gemeinschaftsschulen an den | |
Start gehen. Diese sollen als weiterführende Schulen auf jeden Fall die | |
Jahrgänge fünf bis zehn abdecken, könnten aber auch, sofern die Schülerzahl | |
ausreicht, bis zur 13. Jahrgangsstufe gehen, erklärte Kultusministerin | |
Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD). Absolute Ausnahmen sollen allerdings | |
einzügige Gemeinschaftsschulen sein. | |
Zum pädagogischen Konzept erklärte Warminski-Leitheußer: "Es wird nicht | |
mehr diesen Frontalunterricht im Klassenverband geben." Stattdessen sollen | |
die Schüler in Lerngruppen arbeiten und die Lehrer mehr als Lernbegleiter | |
fungieren. Unterrichtet werden sollen alle drei Standards, von der Haupt- | |
über die Realschule bis hin zum Gymnasium, da auch alle drei Abschlüsse | |
angeboten würden. Zudem werden die Gemeinschaftsschulen als gebundene | |
Ganztagsschulen angeboten, also Schulen, in denen auch am Nachmittag alle | |
immer da sind. | |
## Selbstfinanzierendes Konzept | |
Unter den "gut 30 heißen Kandidaten", sagte die Ministerin, befinde sich | |
bislang allerdings kein einziges Gymnasium. "Die öffentliche Diskussion ist | |
bei den Gymnasien noch nicht wirklich angekommen", sagte sie. | |
Insgesamt gebe es viele Interessensbekundungen. Die bislang noch geringe | |
Anzahl von etwa 30 Schulen habe aber nichts mit finanzpolitischen | |
Entscheidungen zu tun. "Wir werden jede Schule, die es kann, auch | |
zulassen", sagte Warminski-Leitheußer. Nach Ministeriumsangaben finanziere | |
sich das Konzept zudem aufgrund zurückgehender Schülerzahlen selbst. | |
Die Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Doro Moritz, begrüßt | |
zwar grundsätzlich die Kabinettsentscheidung. Allerdings ist sie enttäuscht | |
über die Bedingungen, unter denen die neuen Gemeinschaftsschulen starten | |
sollen. "Die Ausstattung bleibt unter unseren Erwartungen", sagte Moritz | |
der taz. 28 Schüler pro Lerngruppe seien deutlich zu viel. | |
## GEW fordert Aufstockung der Lehrerschaft | |
Um die bunt gemischte Schülerschaft individuell zu fördern, sind pro | |
Lerngruppe zwei zusätzliche Lehrerstunden wöchentlich vorgesehen, eine | |
Ausstattung, die Moritz als "extrem schlecht" bezeichnet. Unter diesen | |
Bedingungen erfolgreich zu sein, werde für die Gemeinschaftsschulen sehr | |
schwer, befürchtet die Gewerkschafterin: "Die Landesregierung hat offenbar | |
nicht die Herausforderungen realisiert, die ein anderes Lernen darstellt." | |
Die GEW hatte gefordert, dass Gemeinschaftsschulen ein Drittel mehr Lehrer | |
als bestehende Schulen bekommen, um ihre pädagogischen Aufgaben zu | |
erfüllen. Bereits am Montag hatte sich Grün-Rot nach langem Hin und Her | |
über die Wiedereinführung der neunjährigen Züge an Gymnasien geeinigt. So | |
soll es ab dem Schuljahr 2012/13 an 22 Schulen möglich sein, das Abitur | |
nach neun Jahren zu machen. Im darauffolgenden Schuljahr soll es an | |
weiteren 22 Gymnasien entsprechende Modellversuche geben. | |
14 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
N. Michel | |
A. Lehmann | |
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