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# taz.de -- Nach dem Euro-Gipfel: Erst Großbritannien, jetzt Tschechien
> Die breite Unterstützung für die Gipfel-Beschlüsse zur Rettung des Euros
> bröckelt. Nach dem sich schon Großbritannien verweigerte, geht jetzt auch
> Prag auf Distanz.
Bild: Kritik an den Brüsseler Beschlüssen kommt jetzt auch vom tschechischen …
BERLIN/STRASSBURG/PRAG dpa | Die breite Unterstützung für die Brüsseler
Beschlüsse zur Euro-Rettung bröckelt. Nun geht auch Tschechien auf Distanz,
nachdem sich schon Großbritannien kategorisch geweigert hatte, die Einigung
mitzutragen.
"Nachdrücklich zu erklären, dass wir ein unbeschriebenes Blatt Papier
unterschreiben werden, wäre eine sehr kurzsichtige politische
Entscheidung", sagte Ministerpräsident Petr Necas am Dienstag in Prag. Im
EU-Parlament musste sich Großbritanniens Premierminister David Cameron
harsche Kritik wegen seiner Verweigerungshaltung beim Krisengipfel gefallen
lassen.
Abgeordnete aller Fraktionen des Europaparlaments zeigten sich in Straßburg
aber auch enttäuscht über die Gipfel-Beschlüsse. Vor allem beklagten die
Parlamentarier fehlende Sofortmaßnahmen. Man habe sich zu einseitig auf die
Schuldenbremse konzentriert und zu wenig auf Wachstumsanstrengungen.
Auf dem Gipfel in Brüssel in der vorigen Woche seien viele Fragen
offengeblieben, erklärte auch der konservative tschechische Regierungschef
Necas in Prag. Nicht-Euro-Staaten wie Tschechien könnten nicht dazu
verpflichtet werden, innerhalb von nur zehn Tagen über ihre Teilnahme an
dem Notfallplan zu entscheiden, sagte er. Der Plan sieht unter anderem eine
Schuldenbremse vor.
## Komplizierte Angelegenheit
Necas äußerte sich auch skeptisch zur geplanten Aufstockung der Mittel des
Internationalen Währungsfonds (IWF) für verschuldete EU-Staaten, bei der
Tschechien auf die Geldreserven der Notenbank zurückgreifen müsste. Er
sprach von einer sehr komplizierten Angelegenheit und verteidigte die
Unabhängigkeit der tschechischen Nationalbank.
Auf dem EU-Krisengipfel war eine Erhöhung der Kreditlinien für den IWF um
insgesamt 200 Milliarden Euro in Aussicht gestellt worden. Auf Tschechien
würden nach Angaben der Prager Regierung anteilig Kreditlinien in Höhe von
3,5 Milliarden Euro entfallen. Zum Vergleich: Der deutsche Anteil beläuft
sich auf 45 Milliarden Euro, den die Bundesbank bei Zustimmung des
Bundestags bereitstellen will.
Allerdings wollen Union und FDP keine Abstimmung des Parlaments. Der
Respekt vor der Unabhängigkeit der Bundesbank gebiete es, auf
Handlungsempfehlungen aus dem Parlament zu verzichten, sagte
Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) am Dienstag in Berlin.
Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verwies auf die Unabhängigkeit der
Bundesbank. "Wenn man eine unabhängige Bundesbank hat, dann kann man keine
Parlamentsbeschlüsse dazu fällen." Aus Beschlüssen des Parlaments würden
auch schnell Beschlüsse, die die Unabhängigkeit infrage stellten und
Vorgaben für die Bundesbank beinhalten könnten: "Das wollen wir nicht." Am
Mittwoch will Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung
über die Ergebnisse des Gipfels informieren.
## Verhandlungen mit dem Weltbankenverband
Griechenland stemmt sich weiter gegen den drohenden Staatsbankrott: Die
großen Banken und Versicherer halten auch nach dem Gipfel an einem
freiwilligen Verzicht auf 50 Prozent des Nennwerts ihrer
Griechenland-Anleihen fest, berichtete das Handelsblatt unter Berufung auf
eine Umfrage. Der Weltbankenverband IIF befinde sich derzeit in letzten
Gesprächen, um die Details des Schuldenschnitts festzulegen, heißt es unter
Berufung auf Finanzkreise weiter. Das solle bis Freitag dieser Woche
geschehen.
Am Vortag hatte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos
allerdings noch davon gesprochen, dass mit einem Abschluss der
Verhandlungen erst im Januar zu rechnen sei. Venizelos führt zurzeit
Gespräche in Athen mit dem IIF-Geschäftsführer Charles Dallara.
Während sich das schuldengeplagte Spanien zu deutlich günstigeren
Konditionen frisches Geld besorgen konnte, halten die Spannungen auf dem
europäischen Bankenmarkt an. Die Europäische Zentralbank (EZB) versorgte
die Geschäftsbanken des Euroraums mit reichlich Liquidität.
Mit 291,6 Milliarden Euro lag die Summe in dem wöchentlichen
Hauptrefinanzierungsgeschäft aber so hoch wie seit zweieinhalb Jahren nicht
mehr. Der deutsche Aktienmarkt zeigte sich weiter sehr nervös. Die
deutschen Standardwerte schlossen am Dienstag nach einer regelrechten
Achterbahnfahrt mit schwächerer Tendenz.
13 Dec 2011
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Rechter Populismus
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