# taz.de -- Premierminister Cameron vor Parlament: Verteidiger der Finanzindust… | |
> David Cameron erklärt vor dem Parlament in London, warum er gegen den | |
> EU-Vertrag ist. Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, aber er | |
> habe die nationalen Interessen schützen wollen. | |
Bild: Muss seinen Brüsseler Auftritt rechtfertigen: David Cameron. | |
LONDON dapd | Der britische Premierminister David Cameron hat vor dem | |
Parlament in London sein Veto gegen Änderungen am EU-Vertrag verteidigt. Er | |
habe beim EU-Gipfel vergangenen Freitag in Brüssel "in gutem Glauben" | |
verhandelt, sagte Cameron laut einem Bericht der BBC am Montag. Die | |
Forderungen die er gestellt habe, seien "bescheiden, vernünftig und | |
wichtig" gewesen. | |
Camerons Stellvertreter Nick Clegg nahm bei der Sitzung offenbar aus | |
Protest gegen die Haltung des Premierministers nicht seinen gewohnten Platz | |
an seiner Seite ein. Er hatte sich am Sonntag "tief enttäuscht" über die | |
Blockadehaltung Camerons geäußert und gesagt, diese sei "schlecht für | |
Großbritannien". | |
Die Kritik hatte zu Spekulationen geführt, die britische | |
Koalitionsregierung aus Camerons Konservativen und den Liberaldemokraten | |
von Clegg könnte zerbrechen. Der Chefsekretär im britischen Schatzamt, | |
Danny Alexander, wies derartige Spekulationen am Montag aber zurück. Die | |
Koalition sei durch die Differenzen über Europa "nicht gefährdet". | |
Bei seiner Parlamentsrede am Montag sagte Cameron, seine Absage an die | |
Vertragsänderungen sei keine einfache Entscheidung gewesen, aber sie sei | |
richtig gewesen. "Ich bin mit einem Ziel nach Brüssel gegangen: das | |
nationale Interesse Großbritanniens zu schützen. Und das habe ich getan", | |
sagte der Regierungschef laut BBC. | |
## Auch Sarkozy kritisiert Cameron | |
Zuvor hatte der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy Cameron für | |
die politische Spaltung zwischen Großbritannien und den Rest der EU | |
kritisiert. Die französische Tageszeitung Le Monde zitierte Sarkozy mit den | |
Worten: "Es gibt ganz klar zwei Europas: Eines, das mehr Solidarität und | |
Regulierung unter seinen Mitgliedsstaaten will. Und eines, dass sich nur an | |
die Logik eines gemeinsamen Marktes klammert." | |
Camerons Sprecher Steve Fields sagte am Montag, dass Großbritannien seine | |
Finanzindustrie weiter verteidigen werde. Gleichwohl würden die Gespräche | |
mit den europäischen Finanzministern fortgesetzt, um Ausnahmeregelungen zu | |
schaffen, die es dem Land erlaubten, weitere Reformen im Bankensektor | |
umzusetzen, als nach europäischen Gesetzen derzeit zulässig sind. | |
Cameron hatte beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche in Brüssel versucht, | |
für ein britisches Ja zu Vertragsänderungen Vorteile für den Londoner | |
Finanzplatz herauszuholen. | |
Da die anderen Staaten nicht bereit gewesen seien, Maßnahmen für die | |
Sicherung des britischen Bankensektors - das wirtschaftliche Standbein des | |
Landes - zuzustimmen, habe er sich nicht bereit erklären können, ein | |
Abkommen zu akzeptieren, sagte Cameron. | |
12 Dec 2011 | |
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