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# taz.de -- Atomtechnik: Deutsches Geld für Reaktoren in Indien?
> Nach der Zusage an Brasilien hoffen nun weitere Schwellenländer auf
> Exportkreditgarantien. Die Anfragen beziehen sich auf weitere
> AKW-Projekte in Indien und China.
Bild: Im indischen Jaitapur soll die größte Atomanlage der Welt entstehen.
BERLIN taz | Deutschland beteiligt sich möglicherweise erneut am Export von
Atomtechnik. Für das umstrittene Atomkraftwerk Angra III in Brasilien gibt
es bereits eine Grundsatzzusage der Bundesregierung auf eine
Exportkreditgarantie. Jetzt gibt es für weitere AKW-Projekte in
Schwellenländern entsprechendes Interesse.
Wie das von Philipp Rösler (FDP) geführte Wirtschaftsministerium auf
Anfrage der Grünen, die der taz vorliegt, mitteilte, handelt es sich dabei
um geplante Neubauten in China und Indien. Für China liegt demnach ein
Antrag im Umfang von 26,1 Millionen Euro für eine "Zulieferung zu einem
Neubau eines Kernkraftwerks in Hainan" vor.
In Indien geht es um eine Anfrage für das Neubauprojekt Jaitapur; dafür sei
noch kein "konkreter Auftragswert" bekannt. Bei Umweltschützern sorgen die
neuen Anträge für Beunruhigung. China plane in Hainan einen "Eigenbau" mit
fraglicher Sicherheit, sagte Heffa Schücking von der Organisation Urgewald
der taz. Besonders Sorge bereiteten die Pläne in Indien: "Dort soll die
größte Atomanlage der Welt entstehen - und zwar mitten in einem Erdbeben-
und Tsunamigebiet", so Schücking.
Der französiche Atomkonzern Areva, der auch eine Niederlassung in Erlangen
unterhält, will in Jaitapur sieben Reaktoren mit jeweils 1.600 Megawatt
Leistung errichten - in einem Gebiet, in dem es zwischen 1985 und 2005 92
Erdbeben gab. Die Deutsche Bank und die Commerzbank haben nach Angaben von
Urgewald eine Finanzierung des Projekts abgelehnt.
## Hermes-Bürgschaften
Staatliche Exportkreditgarantien, auch als Hermes-Bürgschaften bezeichnet,
dienen dazu, deutsche Unternehmen bei riskanten Geschäften im Auslang gegen
mögliche Zahlungsausfälle abzusichern. Zur Frage, ob eine Exportförderung
angesichts des angekündigten Stellenabbaus bei Areva in Deutschland
überhaupt noch Sinn ergibt, äußerte sich das Wirtschaftsministerium nicht
konkret.
"Exportkreditgarantien dienen insbesondere der Sicherung von Arbeitsplätzen
in Deutschland", hieß es in der Antwort an die Grünen. Entwicklungen bei
einzelnen Unternehmen würden nicht kommentiert. Zu möglichen Gefahren
teilte das Ministerium der taz mit, die Regierung sei sich "der besonderen
Sensibilität von Nuklearprojekten bewusst" und sie lege "besonders strenge
Prüfanforderungen" an.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung und zu den Erfolgsaussichten der Anträge
machte das Ministerium keine Angaben. Urgewald-Expertin Happe geht aber
davon aus, dass es schwer wird, dem Projekt in Indien eine Absage zu
erteilen, wenn es für das AKW in Brasilien eine Zusage gibt. Sie fordert
darum, auch diesen Antrag noch zu stoppen. "Wenn wir einmal ja sagen,
steigt der Druck für weitere Projekte." Die endgültige Entscheidung über
die Hermes-Bürgschaft für Angra III soll Anfang 2012 nach Vorlage eines
weiteren Gutachtens fallen.
Auch der Grünen-Haushaltspolitiker Sven Kindler fordert einen generellen
Verzicht auf Exportkredite für Atomtechnik, wie er unter Rot-Grün galt.
"Die schwarz-gelbe Atomaußenpolitik muss sofort beendet werden", sagte er
der taz. "Tödliche Sicherheitsrisiken dürfen nicht exportiert werden."
Stattdessen solle die Bundesregierung Kooperationsabkommen für erneuerbare
Energien mit Brasilien und Indien abschließen.
16 Dec 2011
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
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