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# taz.de -- Exportkreditgarantien für Atomtechnik: Doppelte Standards
> Trotz deutschem Atomausstieg: Die Bundesregierung will offenbar an
> Garantien für das umstrittene brasilianische Atomkraftwerk Angra 3
> festhalten.
Bild: Seit 2010 wird wieder gebaut: die brasilianische Atomanlage Angra, 150 Ki…
BERLIN taz | Hält Deutschland trotz des Beschlusses, im eigenen Land aus
der Atomkraft auszusteigen, an der Förderung eines neuen AKWs in Brasilien
fest? Die Antwort rückt näher: Nachdem die Bundesregierung offenbar keine
Einwände gegen eine Exportkreditgarantie für den Reaktor Angra 3 hat, soll
voraussichtlich noch im September der Haushaltsausschuss des Bundestags
darüber entscheiden. Umweltgruppen und Opposition drängen auf eine
Ablehnung der Garantie.
Der Bau von Angra 3 etwa 150 Kilometer westlich von Rio de Janeiro war
bereits in den 1970er Jahren begonnen und in den 1980er Jahren unterbrochen
worden. 2010 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen, auch Siemens ist daran
beteiligt. Weil der Standort als erdbebengefährdet gilt und das Gebiet
zudem nur schwer evakuiert werden kann, hatten Umweltgruppen von Anfang an
gegen das Projekt protestiert.
## Garantie für 1,3 Milliarden
Die Kosten für Angra 3 werden auf mindestens 4,5 Milliarden Euro geschätzt;
um die Finanzierung sicherzustellen, hatte Deutschland eine Grundsatzzusage
für eine Exportkreditgarantie im Umfang von 1,3 Milliarden Euro erteilt.
Diese Zusage war Anfang August ausgelaufen. Zwischen den zuständigen
Ministerien - Wirtschaft, Finanzen, Entwicklung und Auswärtiges Amt -
liefen seitdem die Verhandlungen über eine Verlängerung. Am 1. September
hat der zuständige "Interministerielle Ausschuss Exportgarantien" getagt.
Über die Entscheidung wurde Stillschweigen vereinbart; doch Äußerungen aus
Regierungskreise legen nahe, dass die Regierung an der Exportgarantie
festhält.
Dafür spricht auch, dass sich der Haushaltsausschuss "zeitnah" mit dem
Thema beschäftigen soll, wie die Regierung auf Anfrage der Grünen
mitteilte. Das ist nur vorgeschrieben, wenn eine Exportgarantie erteilt
werden soll. Umweltgruppen drängen nun darauf, dass das Gremium die
Exportgarantie stoppt. "Es liegt jetzt bei den Parlamentariern, einen
konsequenten Atomausstieg durchzusetzen, der auch deutsche Exporte
umfasst", sagte Regine Richter von der Organisation Urgewald. "Es darf
keine doppelten Standards geben." Einen gemeinsamen Appell von Campact,
Attac und Urgewald unter dem Motto "Atomtod exportiert man nicht" haben im
Internet 130.000 Menschen unterzeichnet.
## FDP und Union wollen sich nicht äußern
Formal muss der Ausschuss zwar nur "unterrichtet" werden; faktisch hat sich
die Regierung aber noch nie über ein ablehnendes Votum hinweggesetzt, sagte
der Grünen-Abgeordnete Sven-Christian Kindler. Er hielte eine Zustimmung
der Koalition für skandalös. "Nach dem Super-GAU in Fukushima darf es
keinen Neubau von einem Hochrisikomeiler im brasilianischen Erdbebengebiet
geben", so Kindler. "Es wäre schizophren, im Inland Schrott-AKWs
abzuschalten und im Ausland den Neubau zu unterstützen." Abgeordnete von
FDP und Union wollten sich auf Anfrage mit Verweis auf das laufende
Verfahren nicht zu ihrem Abstimmungsverhalten äußern.
15 Sep 2011
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
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