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# taz.de -- Regierung räumt Versäumnisse ein: Fehlerhaftes Atomgutachten
> Ein Gutachten über das brasilianische AKW Angra 3 stützte sich auf
> überholte Sicherheitsstandards. Die deutschen Finanzzusagen werden
> trotzdem verläufig verlängert.
Bild: Idyllische Lage: das AKW im brasilianischen Angra dos Reis.
BERLIN taz | Umweltschutzorganisationen kritisieren schon lange den Plan,
mit deutschem Steuergeld einen umstrittenen Reaktorbau in Brasilien zu
finanzieren. Vor allem ein Gutachten des Istec-Instituts, das
Sicherheitsbedenken ausräumen sollte und Grundlage für eine vorläufige
Finanzierungszusage war, stand dabei in der Kritik. Nun hat auch die
Bundesregierung erstmals indirekt eingeräumt, dass das Gutachten sich auf
veraltete Sicherheitsstandards stützt.
In der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen, die der taz vorliegt,
erklärt das Bundeswirtschaftsministerium, dass zwei Sicherheitsstandards
der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA über Anforderungen an
AKW-Standorte “nicht mehr gültig“ seien, da sie „umfangreich überarbeit…
wurden und in neuer Form veröffentlicht wurden.
Doch genau auf diese beiden Standards („50-C-S“ und „50-SG-S5“) stützt…
das Gutachten, das die Sicherheit des geplanten Projekts bestätigt. Auch
beim Thema Flugzeugabstürze stellt das Ministerium das Gutachten infrage,
indem es verlangt, der “gegenwärtige Stand von Wissenschaft und Technik“
müsse berücksichtigt werden - was die Gutachter ausdrücklich nicht getan
hatten.
Für Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, sind
die Antworten „ein absolutes Eigentor“: Die Regierung gebe damit letztlich
zu, „dass ihre Zusage für die Hermesbürgschaft falsch war“. Kotting-Uhl
hofft auf Konsequenzen. „Dass Angra 3 sicherheitstechnisch nicht dem
aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspricht, ist unstrittig“,
sagt sie. „Wenn nun sogar die Bundesregierung selbst zugibt, dass man
diesen Stand bei Sicherheitsbewertungen anlegen muss, darf sie Angra 3
nicht fördern.“
## Fragwürdige Gutachter
Doch trotz der neuen Zweifel am Sicherheitsgutachten hat der für
Exportkreditgarantien zuständige interministerielle Ausschuss der Regierung
die vorläufige Finanzierungszusage für Angra 3 gerade um sechs Monate
verlängert, wie am Dienstag bekannt wurde.
Die endgültige Entscheidung soll fallen, nachdem ein in Kürze erwartetes
neues Gutachten zur Sicherheit von Angra vorliegt, das die Bundesregierung
als Konsequenz aus Fukushima angefordert hatte. Erstellt wird es von
demselben Institut, das für das fehlerhafte erste Gutachten verantwortlich
war. Die Frage, ob das angesichts der nun von der Regierung eingeräumten
Fehler nicht überdacht werden sollte, ließ das Wirtschaftsministerium am
Dienstag zunächst unbeantwortet.
Der AKW-Neubau Angra 3, der wegen Erdbeben- und Tsunamigefahr besonders
umstritten ist, wurde bereits 1984 begonnen, später aber unterbrochen. Von
der deutschen Kreditgarantie profitieren soll der französische Konzern
Areva, der auch in Erlangen einen großen Standort hat.
27 Mar 2012
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
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Garantien für das umstrittene brasilianische Atomkraftwerk Angra 3
festhalten.
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