# taz.de -- Nuklearenergie im Baltikum: AKW-Investoren springen ab | |
> Die Vertragsunterzeichnung für den Neubau eines Atomkraftwerks in Litauen | |
> verzögert sich. Polen ist als Finanzier abgesprungen, Großinvestor | |
> Hitachi könnte folgen. | |
Bild: Vielleicht bleibt Litauen diese Geißel des technischen Fortschritts ersp… | |
STOCKHOLM taz | Im Juli hatte das US-japanische Gemeinschaftsunternehmen | |
Hitachi-GE Nuclear Energy noch angekündigt, den Vertrag für einen rund | |
1.300-Megawatt-Reaktor in Litauen bis Jahresende zu unterzeichnen. | |
Anfang Dezember bestätigte auch der litauische Energieminister Arvydas | |
Sekmokas diesen Termin. Doch nun verzögern sich die Pläne für den Bau eines | |
neuen Atomkraftwerks. Vergangene Woche stellte Sekmokas einen Termin für | |
die Vertragsunterzeichnung erst "Mitte 2012" in Aussicht. | |
Bei einem Treffen mit Hitachi-Repräsentanten in der litauischen Stadt | |
Vilnius kam lediglich eine Absichtserklärung zustande. Vor allem die Frage | |
nach einer Finanzierung bleibt ungeklärt. Ursprünglich wollten die drei | |
baltischen Staaten zusammen mit Polen am litauischen Standort Visaginas ein | |
neues Atomkraftwerk errichten. | |
Doch Polen steigt aus und plant bis 2020 den Bau eines eigenen Kraftwerks. | |
Nun gilt es nicht nur, einen Ersatzinvestor zu finden, der für den | |
polnischen Anteil des insgesamt 4 bis 5 Milliarden Euro teuren Projekts | |
einspringt. | |
## Hitachis Geldgeber zeigen sich skeptisch | |
In Litauen befürchtet man auch, dass angesichts der polnischen Konkurrenz | |
Hitachi Zweifel an der Tragfähigkeit der Visaginas-Pläne bekommen könnte | |
und vielleicht sogar lieber am Atomkraftwerk auf der polnischen Seite | |
mitbauen möchte. Hitachi-Vizepräsident Yasuo Tanabe betonte zwar vergangene | |
Woche, Litauen habe für seinen Konzern Priorität, aber natürlich sei auch | |
ein Projekt in Polen attraktiv. | |
Der Knackpunkt: In Litauen soll Hitachi nicht nur als Lieferant auftreten, | |
sondern sich mit 50 Prozent auch selbst als Investor am neuen Kraftwerk | |
beteiligen. Hitachis Geldgeber zeigen sich jedoch zunehmend skeptisch. Ohne | |
Hitachi wäre das Projekt aber nicht zu stemmen. Und auch sonst findet sich | |
bislang kein finanzkräftiger Stromkonzern, der sich für den Neubau | |
interessiert. | |
Für Hitachi rechnet sich eine Beteiligung wiederum nur, wenn für die | |
gesamte Lebensdauer der Reaktoren ein Stromabsatz zu attraktiven Preise | |
garantiert wird. Doch das ist angesichts der Ankündigung der polnischen | |
Neubaupläne und wegen der bereits im Bau befindlichen Atomkraftwerke bei | |
St. Petersburg, Kaliningrad und in Weißrussland noch fraglicher geworden. | |
Denn auch sie haben es auf den Export in die westlichen Strommärkte | |
abgesehen. | |
26 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Alexander Lukaschenko | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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