# taz.de -- Euro-Krise in Europa: Der Winter wird hart | |
> Es besteht massiver Finanzbedarf in der Eurozone, doch die versprochenen | |
> Hilfen der EU-Staaten kommen nicht zusammen. Nun soll Deutschland | |
> schneller zahlen. | |
Bild: Weiter ansteigend: der Finanzbedarf in der Euro-Zone. | |
BRÜSSEL taz | Die Pläne zur Rettung des Euro werden schon wieder geändert. | |
Weil sich Großbritannien nicht an einer geplanten Aufstockung der | |
Hilfsfonds für überschuldete Länder beteiligen will, sucht die Eurozone nun | |
andere Geldquellen. Eventuell könnten Russland oder Japan aushelfen, hieß | |
es nach einer Telefonkonferenz der EU-Finanzminister in Brüssel. Außerdem | |
wird überlegt, Deutschland stärker anzuzapfen. | |
Nach einem Bericht der Welt soll Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble | |
(CDU) doppelt so viel in den neuen Eurorettungsschirm ESM einzahlen wie | |
geplant. Statt der für 2012 vorgesehenen 4,3 Milliarden Euro würden 8,6 | |
Milliarden fällig. Allerdings soll der deutsche Gesamtanteil unverändert | |
bleiben; in den Folgejahren kämen niedrigere Zahlungen auf Berlin zu. | |
Beim EU-Gipfel vor zehn Tagen hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) | |
und die anderen Staatslenker beschlossen, den mit bis zu 500 Milliarden | |
Euro dotierten ESM auf den Sommer 2012 vorzuziehen. Außerdem hatten sie | |
angekündigt, weitere 200 Milliarden Euro an den Internationalen | |
Währungsfonds in Washington zu überweisen, damit dieser den europäischen | |
Schuldenländern unter die Arme greifen kann. Doch bisher kamen nur 150 | |
Milliarden Euro zusammen. | |
Neben Großbritannien gaben auch die USA den Euroländern einen Korb. Sogar | |
die Bundesbank zeigte sich wenig begeistert von der Idee, den IWF aus den | |
nationalen Kassen der 17 Euroländer aufzustocken. Der deutsche Anteil von | |
bis zu 45 Milliarden Euro soll nur fließen, wenn alle Euroländer mitmachen | |
und der Bundestag Zustimmung signalisiert, heißt es in Frankfurt. | |
## Nie dagewesener Druck | |
Viel Zeit zum Nachbessern bleibt nicht mehr. Denn der Eurozone steht ein | |
harter Winter bevor. In den nächsten drei Monaten müssen enorme Summen | |
refinanziert werden, um die Schuldenkrise im Zaum zu halten, warnte der | |
Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi. Nach Angaben | |
von Draghi fallen 230 Milliarden Euro an Bankbonds, 300 Milliarden Euro an | |
Staatsanleihen und mehr als 200 Milliarden Euro für fällige Sicherheiten | |
an. | |
Dadurch werde ein "sehr großer, noch nie da gewesener Druck" von den | |
Märkten auf die Eurozone ausgehen, warnte der Italiener bei einem Hearing | |
im Europaparlament. Insgesamt sei die Finanzstabilität so stark gefährdet | |
wie noch nie seit dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers im Herbst | |
2008. | |
Noch weiter ging der frühere EZB-Chef Dominique Strauss-Kahn, der über eine | |
Sexaffäre gestolpert war. Das Schicksal der Eurozone werde sich in den | |
nächsten Wochen entscheiden, sagte er bei einer Diskussion in Peking. Die | |
nun von der Eurozone geplante Fiskalunion werde die Krise noch verschärfen, | |
da der damit verbundene Sparkurs zu sinkenden Einnahmen und höheren | |
Schulden führe. | |
Die Fiskalunion soll bereits im März stehen; gestern begannen die | |
Verhandlungen in Brüssel. Auch Großbritannien nahm an den Gesprächen teil. | |
20 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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