# taz.de -- Revolte im chinesischen Wukan: Fischerdorf besiegt die KP | |
> Die Revolte der Bewohner des Dorfes Wukan im Süden Chinas nötigt die | |
> kommunistische Partei zu großen Zugeständnissen. Der Landverkauf wird | |
> zurückgenommen. | |
Bild: Setzten sich offenbar durch: Demonstrierende Bauern in Wukan, Südchina. | |
BERLIN taz | Nach den schweren Unruhen in dem Fischerdorf Wukan in Südchina | |
versucht die Regierung in Peking mit Verhandlungen statt Gewalt zu einer | |
Lösung zu kommen. "Die Regierung gibt nun zu, dass wir Dörfler rational | |
gehandelt und legale Forderungen gestellt haben", sagte einer der | |
Aufständischen im Dorf Wukan am Mittwoch gegenüber der Presse. | |
Die Straßenblockaden, die das kleine Dorf in der südchinesischen Provinz | |
Guangdong seit Tagen als Bollwerk gegen die Staatsmacht errichtet hat, | |
würden bereits abgebaut, berichteten Dorfbewohner. | |
In dem rund 12.000 Einwohner zählenden Ort herrschten in den vergangenen | |
Tagen anarchische Zustände. Aus Wut über eine Landenteignung und den Tod | |
eines ihrer Verhandlungsführers in Polizeigewahrsam hatten die Dorfbewohner | |
kommunistische Funktionäre und Polizisten verjagt und sich hinter | |
Straßensperren verbarrikadiert. Die chinesische Führung hatte das Dorf von | |
Sicherheitskräften umstellen lassen, sich aber gleichzeitig um | |
Verhandlungen bemüht. | |
Ursprünglich wollten die Bevölkerung des 12.000-Einwohner-Dorfes am | |
Mittwoch in die Distriktstadt Lufeng marschieren. Sie wollten damit ihre | |
Forderung nach Rücknahme eines umstrittenen Landverkaufs, der die Revolte | |
ausgelöst hatte, die Freilassung verhafteter Dorfvertreter und die | |
Herausgabe der Leiche des verstorbenen Unterhändlers erreichen. | |
## Inhaftierte sollen freigelassen werden | |
Dies soll nun ebenso geschehen wie eine unabhängige Untersuchung der | |
Todesursache des verstorbenen Unterhändlers. Dies hat Guangdongs | |
Vizeparteichef Zhu Mingguo bei den Verhandlungen versprochen. Nacheinander | |
sollen auch vier weitere Inhaftierte freigelassen werden. | |
Zhu gilt als Vertrauter des Provinzparteichefs Wang Yang, dem Ambitionen | |
nachgesagt werden, beim KP-Parteitag im nächsten Herbst in Chinas höchstes | |
Führungsgremium, den ständigen Ausschuss des Politbüros, einziehen zu | |
wollen. Deshalb unternimmt er wohlweislich alles, um den Konflikt im | |
boomenden Guangdong zu entschärfen. Der war im September eskaliert, als | |
Einwohner bei Protesten gegen den umstrittenen Landdeal die Polizeiwache | |
stürmten. | |
Anfang Dezember brach der Konflikt dann erneut aus. Darauf waren alle | |
KP-Kader aus dem Dorf geflohen. Angriffe der Polizei konnte das Dorf | |
hernach abwehren, war aber fortan von Land und See aus blockiert. Auch | |
waren fünf Vertreter des Dorfes festgenommen worden, von denen einer in der | |
Haft gestorben war. | |
Parteichef Wang hatte in einer Staatszeitung Verständnis für die Proteste | |
in Wukan geäußert und sie als "nahezu unvermeidlich" beschrieben. Sie seien | |
das "Ergebnis der Konflikte im Verlauf der wirtschaftlichen und sozialen | |
Entwicklung". Zhu versprach jetzt die Rückübertragung von 27 Hektar Land an | |
das Dorf. | |
Der mutmaßlich von Korruption begleitete Landverkauf an eine | |
Immobilienfirma war nach Meinung der Bewohner Wukans nur einer von vielen | |
umstrittenen Deals, in dem ihnen die Kontrolle über ihr Land genommen | |
wurde. | |
21 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
## TAGS | |
China | |
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