Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Opposition in China: Neun Jahre Haft wegen vier Texten
> Ein Demokratieaktivist ist zu einer der höchsten Strafen wegen freier
> Meinungsäußerung verurteilt worden. Trotzdem gehen Proteste gegen den
> Kraftwerksausbau weiter.
Bild: Trotz Tränengaseinsatz protestieren die Bewohner Haimens gegen den Kraft…
BERLIN taz | In der Provinz Sichuan ist der Menschenrechtsaktivist Chen Wei
wegen "Anstachelung zur Subversion der Staatsmacht" in einem
Schnellverfahren am Freitag zu neun Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Dies meldete die chinesische Menschenrechtsorganisation China Human Rights
Defenders (CHRD) über ihr Hongkonger Büro. Dem 42-jährigen Chen werden
darüber hinaus für zwei weitere Jahre die Bürgerrechte entzogen. Laut CHRD
dauerte der Prozess nur zweieinhalb Stunden. Chen habe dabei nicht sprechen
dürfen. Die zum Gerichtsgebäude in Chens Heimatstadt Suining führenden
Straßen seien mit 200 Polizeifahrzeugen abgeriegelt gewesen.
"Das Urteil war vorbestimmt. Das Verfahren war ungesetzlich. Ich bin
sprachlos, ich habe wirklich keine Worte, es zu beschreiben", sagte Chens
Anwalt Liang Xiaojun laut CHRD nach dem Urteil. Chen rief demnach beim
Abtransport aus dem Gerichtssaal: "Ich bin unschuldig."
Das Gericht legte Chen vier KP-kritische Artikel zur Last, die er zwischen
März 2009 und Januar 2011 publiziert hatte. Darin würde er verleumden und
Gerüchte verbreiten. Chen war bereits am 20. Februar im Rahmen einer
landesweiten Razzia gegen Dissidenten festgenommen worden. Damals
kursierten die ersten Aufrufe im Internet zu sogenannten Jasminrevolutionen
nach arabischem Vorbild. Am 28. März wurde er offiziell verhaftet.
## Üblich wären drei bis fünf Jahre gewesen
Das Urteil zeige, "wie nervös die chinesische Regierung ist", erklärte Wang
Songlian von CHRD. Es gilt als eines der härtesten, die in den letzten
Jahren wegen freier Meinungsäußerung in China gefällt wurden. Im März war
auch in Sichuan der Aktivist Liu Xianbin sogar zu zehn Jahren wegen
"Subversion" verurteilt worden. Bis zum Fall des späteren
Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, der im Dezember zu elf Jahren
verurteilt wurde, seien in solchen Fällen nur Strafen von drei bis fünf
Jahren üblich gewesen, kommentierte Nicholas Bequelin von Human Rights
Watch.
Chen hatte sich bereits als Student 1989 an der Demokratiebewegung
beteiligt. Bei deren gewaltsamer Niederschlagung wurde er inhaftiert. Im
Mai 1992 wurde er erneut inhaftiert und zu fünf Jahren Haft verurteilt,
weil er an das Massaker von 1989 erinnern und eine politische Partei
gründen wollte. Im Dezember 2008 unterzeichnete er den von Liu Xiabo mit
initiierten Reformappell "Charta 08", der ein Mehrparteiensystem fordert.
In der Provinz Guangdong lieferten sich am Freitag den vierten Tag in Folge
Demonstranten und die Polizei Scharmützel in der Stadt Haimen. Das
Hongkonger Fernsehen zeigte Bilder, wie die Polizei mit Tränengas gegen
Demonstranten vorging. Diese protestieren mit Straßenblockaden gegen die
geplante Erweiterung eines Heizkraftwerkes, das dort bereits jetzt die
Umwelt stark belaste. Erst am Mittwoch war im hundert Kilometer entfernten
Dorf Wukan ein außer Kontrolle geratener Landnutzungskonflikt durch das
Eingehen der Provinzregierung auf die Forderungen der Bevölkerung beendet
worden.
23 Dec 2011
## AUTOREN
Sven Hansen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Chinesischer Bürgerrechtler vor Gericht: Angeklagt wegen eines Gedichts
Die deutsche Kanzlerin wird am Donnerstag in Peking erwartet. Zuvor macht
Chinas Justiz wieder kurzen Prozess mit einem Bürgerrechtler.
Kommentar Strafen in China: Die Logik der Partei
Chinas Reaktionen auf Kritik und Proteste scheinen bizarr. Ein Dorf wird
für den Widerstand gelobt, ein Autor muss neun Jahre in Haft. Doch dahinter
steckt Logik.
Opposition in China: Essayist zu Rekordstrafe verurteilt
Die chinesische Justiz geht hart gegen den Menschenrechtler Chen Wei vor.
Er erhält neun Jahre Gefängnis für das Veröffentlichen eines Essays im
Internet. Der Vorwurf: "Umsturzversuch".
Proteste gegen Kohlekraftwerk in Südchina: Bewohner besorgt um ihre Gesundheit
Nach gewaltsamen Protesten gegen ein Kraftwerk in der Stadt Haimen wurden
Demonstranten festgenommen. Die Bewohner fürchten gesundheitliche Schäden
und Umweltverschmutzung.
Revolte im chinesischen Wukan: Fischerdorf besiegt die KP
Die Revolte der Bewohner des Dorfes Wukan im Süden Chinas nötigt die
kommunistische Partei zu großen Zugeständnissen. Der Landverkauf wird
zurückgenommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.