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# taz.de -- Kommentar Strafen in China: Die Logik der Partei
> Chinas Reaktionen auf Kritik und Proteste scheinen bizarr. Ein Dorf wird
> für den Widerstand gelobt, ein Autor muss neun Jahre in Haft. Doch
> dahinter steckt Logik.
Der dissidente Autor Chen Wei wird für Texte, in denen er die
Einparteienherrschaft kritisiert, mit neun Jahren Haft drakonisch bestraft.
Das Dorf Wukan dagegen, dessen Bevölkerung offen gegen korrupte
Landgeschäfte revoltierte und KP-Kader und Polizei gewaltsam vertrieb, wird
von der KP-Führung sogar gelobt. Sämtliche Forderungen werden erfüllt.
Hundert Kilometer weiter liefern sich Bevölkerung und Polizei in Haimen
schon vier Tage lang Straßenschlachten im Streit um ein Kraftwerk. Chinas
Reaktionen auf Kritik und Proteste scheinen bizarr. Doch dahinter steckt
Logik.
Schon seit Jahren reagiert Chinas KP flexibel auf Proteste in der Provinz.
Deren Ursache sind oft Verfehlungen lokaler Kader. Zunächst wird versucht,
diesen Protest kleinzuhalten. Gelingt dies nicht und wird das Versagen
lokaler Kader offensichtlich, scheut die höhere Ebene nicht, dem Druck
nachzugeben und Verantwortliche zu bestrafen. Anders als in den USA, wo
alle auf Politiker in der Hauptstadt schimpfen, genießen diese in China
einen guten Ruf und werden als Schlichter im lokalen Streit sogar
herbeigesehnt.
Um Erfolg zu haben, vermeidet man grundsätzliche Systemkritik und übt sich
in Loyalitätsbekundungen gegenüber der Zentrale. Das andauernde
Wirtschaftswachstum gibt auch breiten Schichten das Gefühl, von der
Gesamtentwicklung zu profitieren. So wurde in Sichuan gerade der
Mindestlohn um 23 Prozent angehoben.
Zugleich wird wie im Fall Chen hart bestraft, wer von der lokalen Ebene
abstrahiert und die dahinter liegende Systemfrage stellt. So gelingt der KP
mit einer Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche, zehntausende Proteste im
Jahr als Einzelfälle abzutun und die Bildung einer herrschaftsgefährdenden
nationalen Oppositionsbewegung zu verhindern.
23 Dec 2011
## AUTOREN
Sven Hansen
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