# taz.de -- Personalquerelen der FDP: Saarland ist nicht mehr Jamaika | |
> Das bundesweit einzige Bündnis von CDU, FDP und Grünen ist geplatzt. | |
> Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer (CDU) plant jetzt eine große | |
> Koalition. | |
Bild: Feierei zu Ende: Jetzt soll es mehr rot und weniger grün und gelb in der… | |
BERLIN taz | Mit einem so plötzlichen Ende hatte dann doch keiner | |
gerechnet. Es sei zwar nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die | |
Jamaika-Koalition im Saarland platze, hieß es am Freitag immer wieder von | |
politischer Seite. Doch so schnell? | |
Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ist noch nicht einmal | |
fünf Monate im Amt, als sie am Mittag das Scheitern der ersten | |
Jamaika-Koalition auf Landesebene bekannt gibt. Es ging weniger um | |
inhaltliche als um personelle Querelen - in der FDP. | |
So begründete Kramp-Karrenbauer ihren Schritt mit "anhaltenden | |
Zerwürfnissen" und "personellen Unwägbarkeiten" bei den | |
Saar-Freidemokraten. Diese hätten eine stabile und zuverlässige | |
Regierungsarbeit nicht mehr möglich gemacht. | |
Es war kurz vor Weihnachten, da verabschiedete sich der | |
FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Schmitt nach nur sechs Monaten im Amt. | |
Und wechselte zur CDU. Er vertrage die Intrigen gegen ihn nicht mehr, sagte | |
er. Sein Vorgänger Horst Hinschberger war zurückgetreten, weil er | |
FDP-Politiker per Strafanzeige in die Nähe von Betrug gerückt hatte - was | |
sich als haltlos erwies. | |
## Zu Unrecht für Dienstfahrten entschädigt | |
Zum Nachfolger von Schmitt sollte dann der Parlamentarische Geschäftsführer | |
Christoph Kühn gewählt werden, und zwar rasch. Er sollte die noch | |
vierköpfige Fraktion stabilisieren. Doch er geriet Ende Dezember wegen | |
einer Dienstwagen-Affäre in Bedrängnis. Der Grund: Der 48-jährige | |
Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens fuhr einen von der | |
Fraktion zu Sonderkonditionen geleasten BMW X3. Dennoch kassierte er zu | |
Unrecht "Aufwandsentschädigungen für Dienstfahrten". Er musste knapp 10.000 | |
Euro an den Landtag zurücküberweisen. | |
Auch zuvor hatte es immer wieder lästige Querelen gegeben. Ebenfalls im | |
Dezember war auch noch Schatzmeister Rainer Keller wegen Differenzen im | |
Parteivorstand zurückgetreten. | |
Kramp-Karrenbauer ging trotz des Koalitionsbruchs in die Offensive. Sie | |
will im Amt bleiben - und warb offensiv um die SPD als neuen | |
Koalitionspartner. Sie bot SPD-Fraktionschef Heiko Maas kurzfristig | |
Gespräche an. Inzwischen hat die Spitze der Saar-SPD für Gespräche mit der | |
CDU ausgesprochen. | |
## Ein holpriger Start | |
Die Sozialdemokraten ließen am Freitag offiziell offen, ob sie auf die | |
Offerte eingehen wollen. Allerdings meldeten andere Medien bereits, dass | |
die SPD das Angebot angenommen habe. Neben der großen Koalition wäre auch | |
ein rot-rot-grünes Bündnis möglich. Dies gilt aber als unwahrscheinlich. | |
Verweigert die SPD das CDU-Angebot, liefe es deshalb wohl auf Neuwahlen | |
hinaus. | |
Bereits der Start von Kramp-Karrenbauer als Ministerpräsidentin war | |
holprig. Als sie im Oktober 2011 die Amtsgeschäfte von ihrem Vorgänger | |
Peter Müller übernahm, verfehlte sie im ersten Wahlgang die absolute | |
Mehrheit. Ein Abgeordneter aus dem Jamaika-Lager hatte sich enthalten, ein | |
zweiter wählte gar den SPD-Kandidaten Heiko Maas. Im zweiten Wahlgang wurde | |
Kramp-Karrenbauer dann gewählt. Jamaika war immer eine äußerst instabile | |
Konstruktion. | |
Diese Instabilität schlug sich auch auf das politische Wirken nieder. Von | |
"wichtigen Weichenstellungen", von denen Kramp-Karrenbauer am Freitag | |
sprach, ist kaum etwas zu erkennen. Einzig im Bildungsbereich hinterlässt | |
die Regierung Spuren. | |
## Geräuschlose Koalition | |
So führte sie das sogenannte Zweisäulenmodell ein, das neben dem Gymnasium | |
nur noch die Gemeinschaftsschule vorsieht, an der alle | |
Grundbildungsabschlüsse gemacht werden können. Sie schaffte auch die | |
Studiengebühren ab. Insgesamt habe die Koalition durchaus "geräuschlos" | |
gearbeitet, heißt es bei den Grünen. | |
Eingefädelt hatte Jamaika 2009 der damals amtierende CDU-Ministerpräsident | |
Peter Müller, der 2011 zurücktrat, um Richter am Bundesverfassungsgericht | |
zu werden. Nach der Landtagswahl sah es zunächst nach einer rot-rot-grünen | |
Koalition aus. | |
Die Grünen hatten die Rolle der Königsmacher inne. Nach langen internen | |
Debatten entschied die Landespartei dann aber, das Jamaika-Bündnis | |
vorzuziehen. Begründet wurde diese Entscheidung damals mit der | |
"Unzuverlässigkeit der Linkspartei". | |
6 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
H. Gersmann | |
P. Wrusch | |
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