# taz.de -- Koalitionsverhandlungen im Saarland: Die SPD hat es in der Hand | |
> Der Grünen-Chef im Saarland findet, er habe nichts aus dem Jamaika-Aus zu | |
> lernen. Unterdessen hat die SPD die Wahl: Große Koalition oder Neuwahlen? | |
Bild: Hat die Qual der Wahl: SPD-Chef Heiko Maas. | |
BERLIN taz | Hubert Ulrich findet nicht, dass er aus dem Ende der | |
Jamaika-Koalition im Saarland etwas zu lernen hat. Dabei war "Jamaika" sein | |
Produkt: Im Oktober 2009 hat der Fraktionschef der Grünen im Saarland das | |
erste schwarz-gelb-grüne Regierungsbündnis auf Landesebene möglich gemacht. | |
Nach sechswöchigen Pendelverhandlungen zwischen den Lagern hatte Ulrich | |
sich gegen die rot-rot-grüne Möglichkeit entschieden und hiervon auch die | |
Grünen-Basis an der Saar überzeugt. | |
Heute sagt er, dass das richtig war: "Das Problem war immer die | |
Linkspartei. Diese Meinung hat sich bei mir verfestigt." Mit der Linken | |
"wäre in den vergangenen zwei Jahren keine Politik im Zeichen des | |
Sparkurses möglich gewesen", erklärte Ulrich der taz. "Die FDP dagegen | |
stand damals für eine stabile Regierungsoption." Dies habe sich freilich | |
geändert. | |
Das haben vor Ulrich nun auch andere schon so gesehen. Eine ganze Serie von | |
Skandalen beschäftigte zuletzt die winzige Saar-FDP - inklusive | |
Dienstwagenaffäre. Am Dreikönigstag machte Ministerpräsidentin Annegret | |
Kramp-Karrenbauer (CDU) dann Schluss. Sie erklärte, die Koalition sei wegen | |
"Zerrüttung" der FDP vorbei. Wenn die SPD nicht in eine Große Koalition | |
einzöge, müsse es eben Neuwahlen geben. | |
## Koalition oder Neuwahlen? | |
Die Saar-SPD hat nun die Möglichkeit, entweder als "Juniorpartner" ins | |
Kabinett einzuziehen. Oder sie setzt darauf, dass sie bei Neuwahlen | |
stärkste Partei wird und sich ihre Koalitionspartner aussuchen kann. Die | |
jüngste Umfrage stammt vom November 2011, danach lag die SPD drei Prozent | |
vor der CDU. Dieser Vorsprung könne aber schmelzen, wenn die Wähler | |
Kramp-Karrenbauers Koalitionskündigung "als mutigen Schritt anerkennen | |
würden", gab SPD-Landessprecher Thorsten Bischoff zu bedenken. | |
Doch plädiert etwa der saarländische Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner | |
"nachdrücklich" für Neuwahlen. Natürlich solle die Saar-SPD nun erst einmal | |
Gespräche mit der CDU führen. Doch müsse es schon "saumäßig starke Gründe" | |
dafür geben, jetzt auf die Chance der Neuwahlen zu verzichten. Ein solcher | |
Grund könne sein, dass die "Einnahmelage des Landes deutlich verbessert" | |
werde, egal auf welchem Wege, sagte Schreiner zur taz. | |
Aktuell scheint sich aber kaum jemand vorstellen zu können, wie die | |
Ministerpräsidentin den Etat des kleinen Landes mal eben aufpolstern | |
könnte, um der SPD entgegenzukommen. Im Gegenteil, angesichts der | |
Schuldenbremse stehen im Saarland noch tiefe Einschnitte bevor. | |
## "Überthema" Finanzen | |
Folgerichtig erklärte Saar-SPD-Chef Heiko Maas am Montag im Rundfunk, dass | |
bei den ersten Gesprächen mit der CDU am Wochenende "das große Überthema" | |
Finanzen im Mittelpunkt stehen werde. Konkrete Forderungen nannte er | |
zunächst nicht. Doch solle eine Entscheidung über Große Koalition oder | |
Neuwahlen noch im Januar gefällt werden. Maas will die Woche nutzen, durch | |
seine Kreisverbände zu touren und die Stimmung auszuloten. | |
Die Saar-FDP verkündete am Montag, sie habe endlich einen neuen Chef für | |
die vierköpfige Landtagsfraktion gefunden: Christoph Hartmann. Dieser hat | |
nun Gelegenheit, vom Posten des Wirtschaftsministers rechtzeitig | |
zurückzutreten - bevor er von Kramp-Karrenbauer spätestens am 18. Januar | |
offiziell gefeuert wird. Diese hatte am Freitag angedeutet, sie rechne noch | |
mit weiteren problematischen Enthüllungen über die FDP. | |
Die Grünen brauchen mit einer weiteren Regierungsbeteiligung so wenig zu | |
rechnen wie die FDP. SPD wie Linkspartei sind auf Ulrich schlecht zu | |
sprechen. Was aus den grünen MinisterInnen Klaus Kessler (Bildung) und | |
Simone Peter (Umwelt) wird, wenn sie ihre Posten räumen müssen, ist vorerst | |
unklar. Doch wirkte der "Gewaltherrscher" Ulrich (so ein ungenannt bleiben | |
wollender Saar-Grüner) gewillt, die Grünen auch im Fall von Neuwahlen | |
anzuführen. | |
9 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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