# taz.de -- Scheitern der Jamaika-Koalition im Saarland: FDP findet's "unversch… | |
> Birgit Homburger schießt gegen Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer. Ihr | |
> Verhalten bei der Aufkündigung der Koalition sei "unüblich". Etwas | |
> entspannter gibt sich Reiner Brüderle. | |
Bild: Stellt höchste Ansprüche an bürgerliche Kreise: Birgit Homburger. | |
STUTTGART dapd/dpa | Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Birgit Homburger | |
hat die Aufkündigung der Jamaika-Koalition durch die saarländische | |
Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) als "Unverschämtheit" | |
gerügt. Erst am Tag vor dem Bruch hätten die Spitzen von CDU und FDP an der | |
Saar eine Lösung für die weitere Zusammenarbeit besprochen, sagte Homburger | |
in Stuttgart. Das Ende des ersten schwarz-grün-gelben Bündnisses auf | |
Länderebene hätten die Koalitionspartner aus den Medien erfahren. "Ein | |
solcher Umgang ist in bürgerlichen Kreisen unüblich", kritisierte | |
Homburger. | |
Die Regierungschefin an der Saar sei offensichtlich "überfordert" mit ihrer | |
Aufgabe. "Unter ihrem Vorgänger Peter Müller hat das Bündnis wunderbar | |
funktioniert." Die FDP-Vize sieht hinter dem Vorgehen ein "abgekartetes | |
Spiel mit der SPD", die bereits kurz nach dem Bruch zu Gesprächen über eine | |
große Koalition bereit gewesen sei. Die CDU-Politikerin Kramp-Karrenbauer | |
hatte das Bündnis wegen der Zerwürfnisse in der FDP-Landtagsfraktion | |
beendet. | |
Homburger erklärte, wenn Kramp-Karrenbauer die Schuld bei der FDP ablade, | |
sei das ein "Ablenkungsmanöver einer durch einen Untersuchungsausschuss | |
angeschlagenen Ministerpräsidentin". Hintergrund für den Ausschuss ist der | |
Skandal um Kostenexplosion und Baumängel am Saarland-Museum. Außerdem | |
regiere die CDU-Politikerin ein Land, das eher in den Landkreistag als in | |
den Bundesrat gehöre und am Tropf des Länderfinanzausgleichs hänge. | |
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle schließt derweil eine ähnliche | |
Existenzkrise der schwarz-gelben Regierung im Bund aus. "Diese Gefahr sehe | |
ich nicht. Schwarz-Gelb im Bund arbeitet gut zusammen", sagte Brüderle am | |
Wochenende. Im Saarland spielten regionale Gegebenheiten eine Rolle. | |
Brüderle sagte, die Aufkündigung der Koalition durch | |
CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer habe ihn überrascht. | |
## Schwierige personelle Lage | |
Gleichzeitig betonte der Chef der FDP im Bundestag, derzeit keine | |
Ambitionen auf den Parteivorsitz zu hegen. "Philipp Rösler macht seine | |
Arbeit sehr gut. Und ich unterstütze ihn dabei aus voller Kraft", sagte | |
Brüderle. Brüderle lobte den Auftritt Röslers beim Dreikönigstreffen in | |
Stuttgart. Dessen Rede sei "nachdenklich, strategisch und deshalb sehr gut" | |
gewesen, betonte der FDP-Fraktionschef. | |
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bedauerte ebenfalls das | |
Scheitern der Jamaika-Koalition im Saarland und sieht eine Mitverantwortung | |
ihrer Partei. Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass die FDP im Saarland | |
in einer schwierigen personellen Lage sei, sagte die bayerische | |
FDP-Vorsitzende im Deutschlandradio Kultur. Sie bezog sich damit auf den | |
Wechsel des FDP-Fraktionschefs Christian Schmitt im Dezember zur CDU. | |
Angesichts der miserablen Umfragewerte für die Liberalen sagte die | |
Politikerin, dass man "manchmal auch in einen Zustand verfallen kann, wo | |
man resignieren könnte". Sie tue dies aber auf keinen Fall. Die FDP müsse | |
nach vorne blicken. | |
Der sächsische FDP-Landeschef Holger Zastrow forderte von seiner Partei ein | |
klares Bekenntnis zu ihren bürgerlichen Werten. "Die FDP darf nicht einem | |
vermeintlich linksgrünen Zeitgeist hinterher rennen", sagte der | |
stellvertretende Bundesvorsitzende am Samstag auf dem FDP-Dreikönigstreffen | |
in Bautzen. Die Bundes-CDU "sozialdemokratisiere" sich immer weiter. Und es | |
gebe viele Bürger mit Sehnsucht nach einer Partei, die sich wie die FDP | |
"klar zur Marktwirtschaft, zu Eigenverantwortung und wirtschaftlichem | |
Sachverstand bekennt, die die Freiheitsrechte verteidigt und die Interessen | |
der Berufstätigen in unserem Land vertritt". Er zog den Schluss: "Wenn es | |
die FDP nicht schon gäbe, müsste man sie genau jetzt erfinden." | |
## "Zu viele Menschen enttäsucht und verunsichert" | |
Er zog zugleich eine kritische Bilanz der schwarz-gelben Koalition in | |
Berlin. "Wir haben in den ersten zwei Jahren im Bund zu viele Menschen | |
enttäuscht und verunsichert", sagte er. | |
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Jungen Liberalen (JuLis), Lasse Becker, | |
ist die FDP auf ihrem Dreikönigstreffen zur Sacharbeit zurückgekehrt. Bei | |
der Zusammenkunft am Freitag habe die Partei "endlich wieder damit | |
angefangen, sich mit Themen zu beschäftigen", sagte Becker im | |
Deutschlandfunk. | |
Bei der Umsetzung der ausgegebenen Ziele gibt es laut dem JuLi-Vorsitzenden | |
aber "natürlich ein gewisses Maß an Zweifeln gerade gegenüber dem | |
Koalitionspartner". Die Union habe sich in den vergangenen Jahren nicht | |
gerade dadurch hervor getan, dass sie besonders viel bewegen wolle. | |
8 Jan 2012 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Sentimentalitäten der Saar-SPD: Vorwärts und endlich vergessen | |
Nach 13 Oppositionsjahren will die SPD im Saarland wieder mitregieren. Der | |
nüchterne Parteichef Heiko Maas flirtet mit der CDU, die Basis tendiert zu | |
Neuwahlen. | |
FDP im Niedergang: Der kollektive Abschied | |
Der lokale FDP-Ableger im brandenburgischen Treuenbrietzen verweigert die | |
Gefolgschaft - und tritt kollektiv aus der Partei aus. | |
Kommentar Saarland: Böser Verdacht | |
Es gibt den Verdacht, dass Heiko Maas von der Saar-SPD längst mit der | |
CDU-Regierungschefin die neue Koalition ausgemacht hat. Es wäre ein Verrat | |
an der Demokratie. | |
Koalitionsverhandlungen im Saarland: Die SPD hat es in der Hand | |
Der Grünen-Chef im Saarland findet, er habe nichts aus dem Jamaika-Aus zu | |
lernen. Unterdessen hat die SPD die Wahl: Große Koalition oder Neuwahlen? | |
Koalitionsverhandlungen im Saarland: SPD will kein Juniorpartner sein | |
Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas macht Druck auf die CDU. Die SPD will | |
kein klassischer Juniorpartner sein. Er erwartet stattdessen eine | |
"Zusammenarbeit auf Augenhöhe". | |
Personalquerelen der FDP: Saarland ist nicht mehr Jamaika | |
Das bundesweit einzige Bündnis von CDU, FDP und Grünen ist geplatzt. | |
Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer (CDU) plant jetzt eine große | |
Koalition. | |
Oskar Lafontaine über Jamaika-Koalition: "Desolater Zustand" | |
Neuwahlen wären der sauberste Weg im Saarland, sagt Oskar Lafontaine, | |
Fraktionschef der Saar-Linken. Denn die SPD könne eine Große Koalition | |
ihren Mitgliedern gegenüber nicht verkaufen. | |
Dreikönigstreffen der FDP: Rösler kann nicht beeindrucken | |
Die Hoffnung der FDP, dass Parteichef Rösler ihnen neues Selbstbewusstsein | |
einflößt, hat sich nicht erfüllt. Aggressive Redner kommen beim FDP-Treffen | |
besser an. | |
Jamaika-Koalition in Saarland geplatzt: CDU strebt große Koalition an | |
In Saarland will die CDU nun in einer Koalition gemeinsam mit der SPD | |
regieren. Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer sagte, sie habe bereits | |
Kontakt mit dem SPD-Vorsitzenden aufgenommen. |