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# taz.de -- Der Mailbox-Spruch des Bundespräsidenten: Die Crowd klärt auf
> Journalisten rätseln: Wieviel von Wulffs Mailbox-Nachricht an "Bild"-Chef
> Diekmann ist bisher bekannt? Netzaktivisten sorgen nun in einem Wiki für
> ein wenig Klarheit.
Bild: Was wurde gesagt? Ein Teil ist der Nachricht ist jetzt zusammengetragen.
BERLIN taz | Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres mischt das Netz in der
großen Politik mit. Als die Medien es nicht schafften, selbständig die
Arbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg zu überprüfen, machten das die
Mitglieder von GuttenplagWiki. [1][In dem kollaborativen Projekt]
überprüften sie innerhalb weniger Tage Hunderte Seiten und fanden 270
Plagiatsstellen in der Doktorarbeit.
Nun verzweifeln die Medien an einer ähnlichen Frage: Was genau sprach
Bundespräsident Christian Wulff dem Chef der Bild, Kai Diekmann, auf die
Mailbox? Was stimmt denn nun? Versuchte er tatsächlich einen Bericht über
einen Privatkredit zu verhindern? Oder sollte er doch erstmal nur
aufgeschoben werden?
Der Text der Nachricht ist nicht bekannt, denn Christian Wulff will nicht,
dass er veröffentlicht wird. Dennoch stechen die Angestellten der Bild -
und auch ihr Chef - immer wieder Passagen durch, die belegen sollen: Ja,
Wullf wollte den Bericht verhindern. Die Sätze, die inzwischen
durchgesickert sind, teilen die Medienlandschaft - und beherrschen sie.
Selbst, wenn bisher nur Teile öffentlich wurden. Und die Zeitungen, auch
die taz, fragen sich – was fehlt da noch? Gibt es eine Passage, die
vorenthalten wird? Und wenn ja, wie sieht die aus?
## Die Lücken schließen sich
Das größere Problem ist: Wie passen die Fetzen, die bisher bekannt sind,
zusammen? Was genau wurde gesagt? Auch hier springt nun das Netz ein. Auf
wulffplag.wikia.com sind [2][die bisher bekannten Stellen] zusammengetragen
worden. Der Text steht dort als Fließtext, besteht aber tatsächlich aus
zehn Fragmenten. Einer ist als Anfangssegment deutlich: "Guten Abend, Herr
Diekmann", andere werden immer wieder wiederholt. Zum Beispiel: "Der
Rubikon ist überschritten".
Für die meisten Fragmente gibt es mehrere Medien, die den Wortlaut
veröffentlicht haben, immer etwas unterschiedlich und in abweichender
Vollständigkeit. Die Worte selbst unterscheiden sich nur in Details, und
aus den vielen Fragmenten schließen sich die Lücken. Einzelne Passagen sind
nur durch ein Medium belegt, etwa, dass Wulff von sich aus Carsten
Maschmeyer ins Spiel brachte.
Offen bleibt, wie genau die zehn Fragmente zusammenhängen und was zwischen
ihnen verschwiegen wird. Hat die Bild noch mehr Material, mit dem sie Wulff
erpresst? Hat Wulff Bild-Chef Diekmann beschimpft? Fakt ist: Aus den
Fragmenten bisher wird deutlich, dass Wulff nicht direkt sagt, er wolle den
Bericht verhindern.
Zwar ist von Krieg und Anwälten die Rede – aber der Krieg bezieht sich auf
eine gemeinsame Schlacht die es geben werde, offenbar in der
Öffentlichkeit. Dass die Anwälte die Veröffentlichung verhindern sollen,
wird nicht gesagt. Stattdessen sagt Wulff: "Wenn das Kind im Brunnen liegt,
ist das Ding nicht mehr hochzuholen" - und meint damit offensichtlich den
Bericht.
Unten ist die rekonstruierte Mailbox-Nachricht dokumentiert. Die
taz-Überprüfung ergab, dass Fragmente zwei und drei auf dem WulffPlagWiki
in der falschen Reihenfolge standen.
Fragment 1: „Guten Abend, Herr Diekmann. Ich rufe aus Kuwait an. Bin gerade
auf dem Weg zum Emir...“ „und deswegen hier sehr eingespannt“ [auf der]
Reise durch die Golfstaaten, habe täglich von acht bis elf Uhr Termine.
Fragment 2: „Ich habe alles offengelegt, Informationen gegeben, mit der
Zusicherung, dass die nicht verwandt werden. Die werden jetzt indirekt
verwandt, das heißt, ich werde auch Strafantrag stellen gegenüber
Journalisten morgen, und die Anwälte sind beauftragt.“
Fragment 3: „Warum können Sie nicht akzeptieren, dass das Staatsoberhaupt
im Ausland ist und zuwarten,“ „bis ich Dienstagabend wiederkomme, also
morgen, und Mittwoch eine Besprechung zu machen, wo ich mit Herrn ..., den
Redakteuren, rede, wenn Sie möchten, die Dinge erörtere, und dann können
wir entscheiden, wie wir die Dinge sehen, und dann können wir entscheiden,
wie wir den Krieg führen“
Fragment 4: „Seit Monaten“ wird eine „unglaubliche“ Geschichte [geplant…
Fragment 5: „Es gab immer dieses jahrelange Gerücht, Maschmeyer hätte was
damit zu tun. Wir haben dargelegt, dass das alles Unsinn ist. Und jetzt
werden andere Geschichten behauptet, die Unsinn sind“.
Fragment 6: [Ich möchte] „einfach, dass wir darüber sprechen, denn wenn das
Kind im Brunnen liegt, ist das Ding nicht mehr hochzuholen - das ist
eindeutig“ „Wenn man nicht bis Mittwoch wartet“ „und dann sagt ‚Okay�…
wollen den Krieg und führen ihn. Das finde ich sehr unverantwortlich von
Ihrer Mannschaft, und da muss ich den Chefredakteur schon jetzt fragen, ob
er das so will, was ich mir eigentlich nicht vorstellen kann“.
Fragment 7:So „wie das gelaufen ist in den letzten Monaten, ist das
inakzeptabel, und meine Frau und ich werden Mittwochmorgen eine
Pressekonferenz machen zwischen dem japanischen Ministerpräsidenten und den
weiteren Terminen und werden dann entsprechend auch öffentlich werden, weil
diese Methoden Ihrer Journalisten, des investigativen Journalismus nicht
mehr akzeptabel sind“.
Fragment 8: „Der Rubikon ist für mich überschritten und für meine Frau
auch“
Fragment 9: [Ich] hoffe „dass Sie die Nachricht abhören ... Und ich bitte
um Vergebung, aber hier ist jetzt für mich ein Punkt erreicht, der mich“
„zu einer Einhaltung/Handlung/Eilhandlung zwingt, die ich bisher niemals in
meinem Leben präsentiert habe. Die hatte ich auch nie nötig“.
Fragment 10: „Das bedeutet den endgültigen Bruch zwischen dem
Bundespräsidenten und dem 'Springer'-Verlag“[, sollte] diese „unglaubliche…
Geschichte tatsächlich erscheinen.
10 Jan 2012
## LINKS
[1] http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/GuttenPlag_Wiki
[2] http://de.wulffplag.wikia.com/wiki/Vorw%C3%BCrfe_wegen_Drohungen_gegen_Reda…
## AUTOREN
Lalon Sander
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