# taz.de -- Opposition in Birma: Freiheit für 651 politische Gefangene | |
> Die Regierung geht mit der Amnestie bekannter Dissidenten weiteren | |
> Reformschritt. Doch Freigelassene verweisen darauf, dass der Weg zur | |
> Demokratie noch weit ist. | |
Bild: Ex-Regierungschef Khin Nyunt (li.) und seine Frau freuen sich mit Verwand… | |
Die Menge jubelt und klatscht: Etliche prominente politische Häftlinge, die | |
am Morgen auf freien Fuß kommen, sehen sich vor Ranguns Insein-Gefängnis | |
von Unterstützern umringt. So wie der Exgeheimdienst- und regierungschef | |
des Militärregimes, Khin Nyunt. Er war 2004 nach einem internen Machtkampf | |
gestürzt und wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen worden. Er galt als | |
vergleichsweise moderat. "Ich hege keinen Zorn gegen die, die mich hinter | |
Gitter gebracht haben," sagte er Medienberichten zufolge. Lieber schaut er | |
in die Zukunft und begrüßt den versöhnlichen Kurs von Präsident Thein Sein | |
und Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi. | |
Auch Min Ko Naing kam frei, Mitbegründer der 1988er Studentengeneration. Er | |
und seine Mitstreiter hatten seinerzeit Massenproteste gegen das damalige | |
Militärregime angeführt. Sie wurden von der Junta ebenso blutig | |
niedergeschlagen wie die von Mönchen geführten Demonstrationen 2007, die | |
sogenannte Safran-Revolution. Frei kam jetzt auch der Mönch U Gambira, | |
einer der Köpfe jenes friedlichen Aufstands. | |
U Gambira machte klar, dass Birma in Sachen Demokratie noch einen weiten | |
Weg vor sich habe: "Auch wenn die Regierung nun politische Gefangene | |
freilässt, hat das System weiter diktatorische Züge", sagte der Mönch laut | |
dem Exilsender Democratic Voice of Burma. Und fragt: "Was für eine | |
Demokratie ist das? Sie haben bis heute gewartet, um uns freizulassen." | |
## Jahrelange internationale Forderungen scheinen zu wirken | |
Diese jüngste Amnestie ist die wohl bedeutendste bislang. "Jahrelange | |
Forderungen der internationalen Gemeinschaft haben die Regierung offenbar | |
dazu veranlasst, endlich das Richtige zu tun", sagt Elaine Pearson von | |
Human Rights Watch. Doch müsse die Regierung nun auch dafür sogen, dass die | |
Freigelassenen ungehindert am öffentlichen Leben und an den | |
Parlamentsnachwahlen am 1. April teilnehmen können, fordert sie. Vertreter | |
von Exilorganisationen kritisieren, dass die Freilassungen an Auflagen | |
gebunden seien. Abzuwarten sei, ob sich die Freigelassenen überhaupt | |
politisch betätigen dürfen. | |
Die Freilassung politischer Häftlinge ist die zweite Nachricht aus Birma, | |
die innerhalb von zwei Tagen weltweit Schlagzeilen macht: Am Donnerstag | |
hatte die Regierung einen Waffenstillstand mit der Karen National Union | |
unterzeichnet, der größten Karen-Rebellenorganisation. Doch in anderen | |
Regionen ethnischer Minderheiten gehen die Kämpfe weiter. Im nördlichen | |
Kachin-Staat brachen im Juni 2011 Kämpfe zwischen Regierungstruppen und | |
Kachin-Rebellen aus und vertrieben zehntausende Menschen. | |
Kritiker sagen, die Regierung agiere nicht konsequent: Sie könne nicht mit | |
einer ethnischen Rebellengruppe Frieden schließen, während sie andere | |
bekämpfe. Das wirft erneut die Frage auf, wie viel Macht Präsident Thein | |
Sein wirklich hat. Es gibt immer wieder Berichte, wonach in Militärfragen | |
immer noch Hardliner um den früheren Juntachef Than Shwe das Sagen haben. | |
13 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Nicola Glass | |
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