# taz.de -- Frieden für Birmas Karen-Minderheit: Waffenruhe nach 63 Jahren | |
> Ein "historischer" Waffenstillstand mit der wichtigsten ethnischen | |
> Rebellengruppe Birmas könnte den 63 Jahre andauernden Konflikt beenden. | |
> Doch noch bleibt Skepsis. | |
Bild: Vetreter der Regierung und der Karen National Union vereinbaren den Waffe… | |
BERLIN taz | Die Regierung von Birma (Myanmar) und die Karen National Union | |
(KNU) haben sich am Donnerstag nachmittag nach nur wenigen Studen | |
Verhandlungen auf einen sofortigen Waffenstillstand geeinigt. Dies meldeten | |
Journalisten aus Pa-An, der Hauptstadt des Karen-Staates an der Grenze zu | |
Thailand. | |
Die Regierungsdelegation soll den Forderungen der Rebellen in allen Punkten | |
prinzipiell zugestimmt haben. Die KNU und ihre Karen National Liberation | |
Army (KNLA) kämpfen seit 1948 gegen Birmas Zentralregierung, erst für einen | |
unabhängigen Staat, dann für substanzielle Autonomie. | |
Es ist einer der längsten bewaffneten Konflikte der Welt. Die Karen sind | |
mit einem Anteil von rund 8 Prozent nach den Birmanen und zusammen mit den | |
Shan die zweitgrößte Ethnie im Vielvölkerstaat. | |
Das für die Regierung von Eisenbahnminister Aug Min unterzeichnete Abkommen | |
sieht neben der sofortigen Waffenruhe die Einrichtung von Verbindungsbüros | |
sowie freies Geleit für Unbewaffnete beider Seiten vor. Bald sollen die | |
Gespräche in Birmas neuer Hauptstadt Naypyidaw fortgesetzt werden. | |
## Konflikt vertrieb hunderttausende Karen | |
Birmas von Militärs dominierte Regierungen haben seit 1989 17 | |
Waffenstillstände mit ethnischen Guppen geschlossen, meist ohne größere | |
Zugeständnisse. Mit der KNU/KNLA, die nach eigenen Angaben 12.000 Kämpfer | |
zählt, gab es 2004 erstmals nur ein mündliches Abkommen. Das hielt jedoch | |
nicht lange. Der jahrzehntelange Konflikt hat mehrere hunderttausend Karen | |
vertrieben, viele über die Grenze ins benachbarte Thailand. | |
"Der Waffenstillstand ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem jüngst | |
eingeschlagenen langen Weg zu einem friedlichen, demokratischen Myanmar," | |
sagte Moritz Kleine-Brockhoff von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung | |
der taz. Er koordiniert die Birma-Arbeit der Stiftung und ist gerade in der | |
früheren Hauptstadt Rangun (Yangon). | |
"Grund zur Euphorie in den Gebieten der ethnischen Minderheiten besteht | |
allerdings erst, wenn es dort außer Waffenruhen auch politische | |
Konfliktlösungen gibt." So hätten Rebellen der Kachin-Ethnie 2011 nach 17 | |
Jahren wieder zu den Waffen gegriffen. | |
## Erstaunliche Reformen | |
Der neue Präsident Thein Sein, ein Exgeneral, nahm in den letzten Monaten | |
erstaunliche Reformen in Angriff. KNU-Vertreter bleiben vorsichtig, loben | |
aber, dass von ihnen nicht wie früher zuerst die Abgabe der Waffen | |
gefordert worden sei. Andere Stimmen nennen das erste schriftliche Abkommen | |
mit der KNU bereits "historisch". | |
Es könnte zusammen mit den anderen bisherigen Reformen nicht nur zum | |
baldigen Ende westlicher Sanktionen beitragen, sondern auch den Bau einer | |
milliardenschweren Wirtschaftszone in Dawei erleichtern. Denn dann wäre | |
dort eine wichtige Straße nach Thailand vor Rebellenangriffen sicher. | |
Für Freitag kündigte die Regierung die Freilassung weiterer Gefangener an. | |
Wie ein Regierungsvertreter am Donnerstag laut der Nachrichtenagentur AFP | |
in Rangun sagte, tritt die Amnestie für 651 landesweit einsitzende | |
Hälftlinge am Freitag in Kraft. Die Maßnahme solle der "nationalen | |
Versöhnung" dienen. | |
Ob auch politische Gefangene freigelassen werden, war zunächst unklar. Die | |
USA und die EU haben die Freilassung politischer Gefangener zur Bedigung | |
für die Aufhebung ihrer Sanktionen gemacht. | |
12 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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