# taz.de -- Opposition in Burma wieder aktiv: Ein erstes Gefühl politischer Fr… | |
> San Suu Kyi darf sogar reisen und reden: In dem südosasiatischen Land | |
> sind die Militärs jetzt in Zivil an der Macht - doch sie gewähren der | |
> Opposition neue Freiheiten. | |
Bild: Nach dem Gespräch: Aung San Suu Kyi mit Präsident Thein Sein. | |
RANGUN taz | "Sie können die Demokratie nicht aufhalten", ist sich Tin Oo | |
sicher. Endlich, so scheint es, kann der 84-Jährige wieder öffentlich | |
Kritik üben, ohne sich vor seinen Gegnern fürchten zu müssen. Der Vizechef | |
der birmesischen Oppositionspartei Nationale Liga für Demokratie (NLD) | |
sitzt in dem großen Büro seiner Partei, er wirkt entspannt und fröhlich. | |
"Ich bin optimistisch, was die Zukunft unseres Landes anbelangt", sagt er. | |
Dabei wurde Tin Oo erst im Februar 2010 nach sieben Jahren Hausarrest | |
freigelassen. | |
Der frühere General und Verteidigungsminister war in den 70er Jahren in den | |
Ruhestand versetzt worden, nachdem er sich mit der Militärführung | |
überworfen hatte, später wurde er wegen Hochverrat zu sieben Jahren | |
Zwangsarbeit verurteilt. Wegen seines Engagements für die Opposition geriet | |
er erneut in Konflikt mit den Machthabern. Die Regierung nahm ihn 2003 | |
zusammen mit der NLD-Parteivorsitzenden Aung San Suu Kyi fest und hielt ihn | |
ohne Urteil in Haft. Seit seiner Freilassung ist er wieder politisch aktiv. | |
Und in der schmuddeligen Parteizentrale ist zurzeit viel los. Auch | |
Oppositionsführerin Suu Kyi ist wieder im Land unterwegs. | |
Am Freitag traf sie erstmals auf den neuen Präsidenten Thein Sein in der | |
Hauptstadt Naypyitaw. "Ich bin erfreut, ihn gesehen zu haben, und ich bin | |
ermutigt", sagte Suu Kyi anschließend. Auch aus Regierungskreisen | |
verlautete, das einstündige Treffen sei "ziemlich gut und ziemlich offen" | |
verlaufen. Die Staatszeitung New Light of Myanmar berichtete, beide Seiten | |
hätten "mögliche Gemeinsamkeiten für die Zusammenarbeit im Interesse der | |
Nation und der Bevölkerung" erörtert. Die neue zivile Regierung des Landes | |
bemüht sich offenbar um eine Annäherung an die Opposition. | |
So traf Suu Kyi seit ihrer Freilassung den Arbeitsminister Aung Kyi bereits | |
zweimal. In einer gemeinsamen Stellungnahme hieß es, beide Seiten würden | |
für "Stabilität" und demokratische Entwicklung zusammenarbeiten. | |
Mittlerweile kann sie sogar ungestört politische Reden halten. Vergangene | |
Woche rief Präsident Sein Dissidenten im In- und Ausland dazu auf, am | |
gemeinsamen Ziel, "dem Voranbringen der Nation", mitzuarbeiten. Die | |
Regierung versicherte, sie werde die zuvor zwangsaufgelöste NLD am | |
Versöhnungsprozess teilhaben lassen. Zudem gewährte die Regierung dem | |
UNO-Sonderberichterstatter für die Menschenrechte in Birma, Tomas Ojea | |
Quintana, nach eineinhalb Jahren ein Visum. | |
## "Das Regime wird Zugeständnisse machen" | |
Wie ernst die Gespräche mit der politischen Opposition gemeint sind, ist | |
schwierig einzuordnen, denn immer noch sitzen fast 2.000 politische | |
Gefangene hinter Gittern. Darunter sind viele, die 1988 und 2007 | |
Massenproteste gegen das Regime anführten. "Doch auch hier wird das Regime | |
demnächst Zugeständnisse machen", sagt NLD-Vizechef Tin Oo. Was er damit | |
meint? "Der Regierung ist viel daran gelegen, zumindest den Anschein eines | |
Reformkurses zu erwecken", sagt er. Demnächst wird der Verband der Staaten | |
Südostasiens (Asean) entscheiden, ob Birma der Vorsitz für 2014 | |
anzuvertrauen ist. Zudem besteht die Hoffnung, dass einige Länder ihre | |
Sanktionen gegenüber Birma lockern, wenn sich das Land zumindest ein klein | |
wenig demokratisch zeigt. Ob er, Tin Oo, dem jetzigen Kurs der Regierung | |
traue? "Natürlich nicht", sagt er und schiebt hinterher: "Aber die | |
Regierung hat erkannt, dass sie mit uns zusammenarbeiten muss. Der Wille | |
der Bevölkerung lässt sich nicht dauerhaft unterdrücken." | |
Birma ist eines der ärmsten Länder Asiens und gilt als so korrupt und | |
ineffizient regiert, dass es beim "Weltreport der wirtschaftlichen | |
Freiheit" regelmäßig auf einem der letzten Plätze landet, noch hinter | |
Simbabwe und dem Kongo. Nur in der Rauschgiftproduktion hält der Staat | |
einen Spitzenplatz. Die Militärs, die das Land seit 1962 beherrschten und | |
in Myanmar umbenannten, zogen sich im Frühjahr offiziell aus der Politik | |
zurück. Im November 2010 wurde erstmals seit 1990 wieder ein Parlament | |
gewählt. Sieger war die von der Junta unterstützte Partei Union Solidarität | |
und Entwicklung (USDP). | |
Thein Sein, bis dahin Regierungschef der Junta und früher selbst General, | |
wurde neuer Staatschef des südostasiatischen Landes. Die neue Regierung ist | |
seit April im Amt. Viele der alten Machthaber haben aber nur die Uniform | |
abgelegt und sind in Zivil weiter aktiv. Dennoch gilt Sein im Vergleich zu | |
früheren Staatschefs des südostasiatischen Landes als gemäßigt und offen. | |
Suu Kyis NLD, die wichtigste Oppositionspartei, hatte den Urnengang noch | |
als unfrei kritisiert und boykottiert. | |
22 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Cigdem Akyol | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Frieden für Birmas Karen-Minderheit: Waffenruhe nach 63 Jahren | |
Ein "historischer" Waffenstillstand mit der wichtigsten ethnischen | |
Rebellengruppe Birmas könnte den 63 Jahre andauernden Konflikt beenden. | |
Doch noch bleibt Skepsis. | |
Besuch in Birma: Clinton trifft Aung San Suu Kyi | |
Der Besuch Hillary Clintons ist der erste einer US-Chefdiplomatin in dem | |
Land seit mehr als 50 Jahren. Birmas Präsident Thein Sein nennt das Treffen | |
"historisch". | |
Parlamentswahl in Birma: Aung San Suu Kyi kandidiert | |
Die Friedensnobelpreisträgerin wird erstmals bei Parlamentswahlen in Birma | |
kandidieren. Dank einer Verfassungsänderung hatte sich ihre Partei wieder | |
aufgestellt. | |
Asean-Konferenz: Birma zieht die weiße Weste an | |
Auf dem Südostasiengipfel wird Birmas Junta hoffähig, sogar Aung San Suu | |
Kyi kann in die Politik zurückkehren. Auch ein Besuch der | |
US-Außenministerin ist geplant. | |
Amnestie in Birma: 6.400 Gefangene auf freien Fuß gesetzt | |
Das international isolierte Regime sucht nach einer vorsichtigen | |
politischen Öffnung. Doch von den 2.000 politischen Gefangenen kommen nur | |
wenige frei. | |
Regierung will Gefangene freilassen: Amnestie in Birma angekündigt | |
Laut Staatsmedien will Birma über 6000 Gefangene freilassen. Am Mittwoch | |
soll damit begonnen werden. Ob die Amnestie auch für politische Häftlinge | |
gilt, ist unklar. | |
Birmas Oppositionsführerin: Suu Kyi auf Stippvisite | |
Auf der ersten politischen Reise seit ihrer Freilassung ruft Birmas | |
Oppositionsführerin zur nationalen Einheit auf. Ihr eintägiger Kurztrip | |
gilt als Test für ihre Freiheit. |