# taz.de -- Massaker im Südsudan: Moskau bringt UNO in Bedrängnis | |
> Ein Streit zwischen Russland und der UNO verhinderte, dass die | |
> UN-Blauhelmsoldaten bei dem Massaker in der südsudanesischen Stadt Pibor | |
> eingriffen. | |
Bild: Flüchtlinge in der Nähe der Ortschaft Pibor. | |
BERLIN taz | Hätte die UN-Blauhelmmission im Südsudan (Unmiss) die Massaker | |
in der Stadt Pibor nach Weihnachten und die Racheangriffe danach verhindern | |
können? Eine bittere Kontroverse gipfelt jetzt in der Drohung Russlands, | |
sich aus Unmiss zurückzuziehen. Russland stellt der UN-Mission acht | |
Kampfhubschrauber zur Verfügung. | |
Vier dieser Hubschrauber hätten zur Verfügung stehen müssen, um die | |
angreifenden Milizen des Volkes der Lou-Nuer aufzuhalten, als diese vor | |
Weihnachten auf den Ort Pibor vorrückten, lautet der Vorwurf von | |
Journalisten und Menschenrechtlern. | |
Die Lou-Nuer wollten sich für blutige Angriffe von Milizionären des Volkes | |
der Murle rächen. Sie verwüsteten die Stadt, trieben Zehntausende von | |
Menschen in die Flucht und töteten zahlreiche Zivilisten - mehr als 3.000, | |
sagte der Gemeindechef von Pibor, der allerdings selbst zu den Murle gehört | |
und dessen Angaben von unabhängiger Seite nicht verifiziert worden sind. | |
Die UN-Mission Unmiss hatte zum Zeitpunkt der Angriffe 400 Soldaten in | |
Pibor stationiert. Die griffen allerdings nicht ein. Gegen die 6.000 | |
Angreifer hätten sie auch relativ wenig ausrichten können - außer wenn sie | |
Verstärkung und Luftunterstützung in Form von Hubschraubern bekommen | |
hätten. | |
Mit tief fliegenden Kampfhubschraubern, die notfalls auch schießen, haben | |
Blauhelmtruppen in so mancher Kriegssituation militärische Entscheidungen | |
herbeigeführt. | |
## Vertrag ausgelaufen | |
Russland aber verweigerte die Verlagerung seiner UN-Hubschrauber nach | |
Pibor. Im November war der geltende Vertrag zwischen der russischen | |
Regierung und der Unmiss, demzufolge die russischen Hubschrauber unter | |
UN-Kommando stehen, ersatzlos ausgelaufen. | |
Normalerweise gelten solche Verträge auch danach weiter, solange Gespräche | |
über einen Folgevertrag stattfinden. Russland aber sah dies anders, da vier | |
der Hubschrauber ursprünglich der UN-Mission für Sudan (Unmiss) zugeteilt | |
waren, die ganz Sudan abdeckte, bevor Südsudan 2011 unabhängig wurde. Die | |
anderen vier kamen aus dem Tschad. | |
Die russischen Hubschrauberbesatzungen im Südsudan verkündeten Mitte | |
November, sie hätten ihre Arbeit aus Sicherheitsgründen eingestellt, da es | |
Angriffe auf russisches Personal im Südsudan gegeben hatte. | |
Russland gilt im Südsudan als Alliierter Nordsudans, da Sudans Luftwaffe | |
gerne russische Flugzeuge für Luftangriffe einsetzt. | |
## Russland erwägt Rückzug | |
Für einen neuen Vertrag wollte die Unmiss, dass die Hubschrauber mit | |
Bordraketen ausgestattet werden - dies wollte Russland nicht, heißt es. So | |
bleiben die Hubschrauber am Boden. | |
Am Dienstag bestätigte die UNO, Russland erwäge den kompletten Rückzug aus | |
Südsudan. "Wir sind nicht glücklich über die Sicherheit in der Region", | |
erklärte auch Russlands Vizeaußenminister Gennadi Gatilow. | |
Dies würde die Unmiss schwächen, während sich die Lage im Südsudan weiter | |
verschlechtert und der Konflikt zwischen Lou-Nuer und Murle andauert. Als | |
Ersatz will die Unmiss jetzt Bangladeshi-Hubschrauber von der UN-Mission im | |
benachbarten Kongo (Monusco) abziehen. Dort werden sie allerdings ebenfalls | |
gebraucht | |
17 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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