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# taz.de -- Nach der Wahl im Kongo: Ein Staat nimmt Urlaub
> Kein Ergebnis der Parlamentswahl, also kein Parlament, also keine neue
> Regierung – und das zwei Monate nach den Wahlen. Und wo ist der
> Präsident?
Bild: Da war er noch da: Amtseinführung von Joseph Kabila (l.) im Dezember.
BERLIN taz | Als am 15. Dezember 2011 die Legislaturperiode des ersten
freigewählten Parlaments der Demokratischen Republik Kongo zu Ende ging,
lobte Parlamentspräsident Evariste Boshab das "kongolesische Wunder": Fünf
Jahre lang habe die 2006 gewählte Legislative Gesetze verabschiedet, jetzt
werde sie in regulären Neuwahlen abgelöst. Eine "Revolution der Moderne"
entfalte sich nun "auf den Grundlagen einer vom Volkswillen getragenen
Nationalvertretung".
Zwei Monate sind die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 28.
November 2011 nun her, und von der Volksvertretung ist nichts zu sehen.
Nach mehrfacher Verschiebung wurde diese Woche die für Donnerstag
angekündigte Verkündung des Endergebnisses der Parlamentswahl von der
Wahlkommission Ceni erneut verschoben - auf unbestimmte Zeit. Man könne
"nicht einfach irgendwas veröffentlichen", so Ceni-Vizepräsident Jacques
Djoli. Man folge keinem "Datenfetischismus".
Allein die Zeitung LAvenir, Staatschef Joseph Kabila ergeben, versprach
gestern unbeirrt ein Wahlergebnis für den Abend. Andere Blätter
spekulierten, der Rücktritt des umstrittenen Ceni-Präsidenten Ngoy Mulunda
sei nur eine Frage der Zeit.
Die Auswertung der Stimmen vom 28. November war allen Beobachtern zufolge
von massiven Unregelmäßigkeiten begleitet. Inmitten von Streit hatte die
Wahlkommission am 9. Dezember Kabila zum Sieger der Präsidentschaftswahl
ausgerufen. Oppositionsführer Etienne Tshisekedi erkannte das nicht an und
rief sich selbst zum Sieger aus, es folgten Unruhen.
## Die Zeit drängt
Zu Kabilas Amtseinführung am 20. Dezember erschien als einziger Amtskollege
Robert Mugabe aus Simbabwe. Die Ceni versprach schließlich, bei der
Auswertung der Parlamentswahlzettel die Fehler der Präsidentenauszählung
nicht zu wiederholen. Unter anderem sollten ausländische Experten
hinzugezogen werden.
Erste Teilergebnisse sahen tatsächlich glaubwürdiger aus. Doch die letzten
Teilergebnisse liegen drei Wochen zurück, die ausländischen Experten sind
wieder weg, und die Ceni sagt offiziell nichts mehr.
Je länger dieser Zustand andauert, desto länger hat Kongo kein Parlament
und damit auch kein neues Kabinett, das erst aufgrund der
Mehrheitsverhältnisse im Parlament gebildet werden kann. Die bisherige
Legislative und die bisherige Regierungsmannschaft sind zwar
geschäftsführend im Amt, nicht aber in der Realität.
Die Zeit drängt: Der Staatshaushalt 2012 wurde 2011 nicht mehr
verabschiedet, weil die scheidenden Parlamentarier erst die ihnen zum Ende
ihres Mandats zustehenden neuen Dienstwagen sehen wollten. Ausländische
Geldgeber des Kongo finden keine Gesprächspartner mehr. Der Staat steht
still.
Die einzige funktionierende Institution ist nun die des Präsidenten, und
Kritiker lästern, im Kongo sei das sowieso in Wirklichkeit nie anders
gewesen. Kabila allerdings ist seit seiner Amtseinführung abgetaucht. Erst
war Weihnachtsurlaub. Dann wurde verbreitet, Kabila erhole sich auf einer
Farm in Katanga. Dann behaupteten Regimegegner, er liege in München im
Krankenhaus.
Vor wenigen Tagen will die regierungstreue Presse Kabila am Steuer eines
Autos in Kinshasa gesehen haben. Also stehe der Neujahrsempfang des
diplomatischen Corps durch den Präsidenten bevor - und dann könnten auch
die Diplomaten in Urlaub gehen.
27 Jan 2012
## AUTOREN
Dominic Johnson
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