# taz.de -- Kirche im Kongo: Das Kreuz mit den Kriegsverbrechern | |
> Die evangelische Kirche verwahrt sich gegen einen taz-Bericht, wonach sie | |
> der ruandischen FDLR-Miliz im Kongo Geld zahlte. Doch das Geld floss | |
> wirklich. | |
Bild: FDLR-Kämper sollen 5.000 Dollar von der Kirche Christi im Kongo (ECC) er… | |
KAMPALA taz | Die evangelische Kirche ist empört über die taz: Am 2. Januar | |
hatte die taz [1][über einen UN-Bericht berichtet], der Zahlungen der | |
evangelischen Kirche an die im Kongo kämpfende ruandische Hutu-Miliz FDLR | |
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) erwähnt. | |
Demnach habe die Miliz, unter deren Mitgliedern sich Täter des ruandischen | |
Genozids befinden und deren politische Führung in Deutschland vor Gericht | |
steht, rund 5.000 Dollar von der Kirche Christi im Kongo (ECC) erhalten. | |
Als Quellen dienten den UN-Ermittlern Aussagen ehemaliger FDLR-Kämpfer. | |
Die ECC ist ein Zusammenschluss der protestantischen Kirchen in der | |
Demokratischen Republik Kongo und Mitgliedskirche der Vereinten | |
Evangelischen Mission (VEM) weltweit. Mit „Empörung“ reagierten ECC sowie | |
VEM auf den taz-Bericht: Geld habe die Kirche nicht an die FDLR gezahlt und | |
damit die Aktivitäten der FDLR mitfinanziert, sondern ausschließlich „in | |
ein Projekt für den friedlichen Rückzug von FDLR-Kämpfern gegeben“, so eine | |
Stellungnahme. Die ECC arbeite seit fünf Jahren in diesem international | |
geförderten Projekt daran, dass FDLR-Kämpfer ihre Waffen niederlegen. | |
Dieses Projekt war im September 2011 Thema im laufenden | |
Kriegsverbrecherprozess in Stuttgart gegen FDLR-Präsident Ignace | |
Murwanashyaka und dessen Vize Straton Musoni. Vor Gericht schilderte damals | |
der ehemalige Missionar Kare Lode aus Norwegen die Genese der Geldzahlung. | |
Es handelte sich um ein Projekt der kongolesischen Pfingstgemeinde, die | |
laut Lode „eng mit der norwegischen Pfingstgemeinde zusammenarbeitet“, die | |
dafür Staatsgelder bekam. Lode spielte als „einziger Nichtkongolese“ die | |
Rolle des direkten Kontaktmanns ins FDLR-Hauptquartier, so seine Aussage. | |
Er führte mit den FDLR-Führern Privatgespräche über Frau und Kinder und | |
telefonierte zuweilen täglich mit FDLR-Kommandeuren. Zwischen 2008 und 2011 | |
traf sich Lode mehrfach mit hochrangigen FDLR-Kommandeuren im Kongo, | |
begleitet von lokalen „kirchlichen Leitern“. | |
## Verpflegung für 150 Menschen | |
Kuye-Ndondo wa Mulemera, kongolesischer Bischof und ECC-Präsident in der | |
Provinz Süd-Kivu, habe „viel beigetragen“. Es seien, so Lode, „Auslagen�… | |
auf „Reisekosten“ erstattet worden, sobald die FDLR „Rechnungen“ vorgel… | |
habe. Zuvor hatte er geschildert, dass die FDLR den Transportmitteln der UN | |
nicht traute. Deswegen seien sie „tagelang durch den Dschungel zu Fuß | |
marschiert“ und die Treffen hätten sich deswegen verspätet. Wie „Auslagen… | |
von tausenden Dollar bei Fußmärschen entstanden sein sollen, bleibt unklar. | |
Im Kongo versteht man unter „Transport“-Kosten in der Regel Schmiergeld. | |
In einem Brief an die UN-Mission, der der taz vorliegt, führt Lode aus, man | |
habe „auf Bitten der FDLR 4.500 bis 5.000 Dollar für die Verpflegung der | |
FDLR-Mitglieder gezahlt, die an dem Treffen direkt und indirekt teilnehmen | |
sollten“. Das seien rund 150 Menschen gewesen, die fünf Tage lang versorgt | |
werden mussten. Er übernehme dafür die alleinige Verantwortung. | |
Die UN-Demobilisierungsabteilung DDRRR hatte zuvor darauf hingewiesen, dass | |
Kongos Armee Verpflegungskosten mit einem US-Dollar pro Tag ansetzt. Die | |
VEM schreibt der taz, Geld sei „ausschließlich dafür ausgegeben worden, um | |
ein Treffen mit 150 Kämpfern zu organisieren, um diese zu ermutigen, ihre | |
Waffen niederzulegen und nach Ruanda zurückzukehren“. | |
In seiner Aussage macht Lode klar, dass FDLR-Chef Murwanashyaka kein | |
Interesse an der Demobilisierung hatte. Murwanashyaka habe Lode am Telefon | |
aus Deutschland zu verstehen gegeben, er solle nur mit ihm als Präsidenten | |
verhandeln, nicht jedoch mit seinen Kommandeuren im Kongo. | |
Wie so viele Verhandlungsversuche mit der FDLR zuvor, so scheiterte auch | |
dieser. Auf die Frage der Richter, warum, antwortete Lode: „Es verdienen zu | |
viele an diesem Krieg.“ | |
Auch sogenannte Friedensverhandlungen sind ein Geschäft. Lode erwähnte | |
evangelisch-katholische Rivalitäten. Laut UN-Bericht zahlte Kongos | |
Regierung 2011 rund 60.000 Dollar an die FDLR-Führung, um Verhandlungen zu | |
beschleunigen, die dann im Sand verliefen. Die FDLR nutzt konkurrierende | |
Gespräche dazu, ihre militärische und womöglich auch ihre finanzielle | |
Situation aufzubessern. | |
6 Mar 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Expertenbericht-zum-Kongo/!84731/ | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess | |
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