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# taz.de -- Gewalt im Kongo: Hutu-Milizen verwüsten Dörfer
> Bei den schwersten Angriffen der ruandischen FDLR-Miliz gegen Kongolesen
> sterben mehrere Dutzend Menschen. Augenzeugen berichten, von heftigen
> Schießereien.
Bild: Auch nach den Wahlen im November 2011 ist der Kongo im Strudel der Gewalt…
BERLIN taz | Die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur
Befreiung Ruandas) hat im Osten der Demokratischen Republik Kongo die
schwersten Angriffe auf Zivilisten seit über einem Jahr verübt. 39 Menschen
seien in den Nächten zum 2. und 4. Januar im Distrikt Shabunda der
ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu getötet worden, als die Dörfer Luyuyu,
Ngolombe und Kishenya verwüstet wurden, berichtete am Mittwoch der
UN-Radiosender "Radio Okapi" unter Berufung auf lokale
Menschenrechtsgruppen.
Der Dorfchef von Kishenya sei geköpft worden, in Luyuyu hätten die
Milizionäre einer Schwangeren den Bauch aufgeschlitzt. Augenzeugen hätten
berichtet, die FDLR "schießt auf alles, was sich bewegt". Ein
kongolesischer Armeesprecher sagte, es gebe 26 Tote und 13 Verletzte.
Die Überfälle folgen auf ähnlich brutale FDLR-Angriffe in der
Nachbarprovinz Nord-Kivu. Dort wurden nach Angaben von Augenzeugen am 30.
Dezember drei Dörfer der Gemeinde Waloa Yungu im Distrikt Walikale von der
Miliz angegriffen und in Brand gesteckt. In der Nachbargemeinde Waloa Uroba
hatte es zuvor schwere Kämpfe gegeben.
## Reichhaltige Vorkommen an Gold und Zinnerz in der Region
Die Distrikte Shabunda und Walikale sind beides traditionelle
FDLR-Hochburgen und bestehen größtenteils aus mit Regenwald bedeckten
Bergen, ohne Verkehrsverbindungen, aber mit reichhaltigen Vorkommen an Gold
beziehungsweise Zinnerz. Seit 2009 Ruandas Armee kurzzeitig im Kongo
eingriff, um die FDLR zu bekämpfen, sind in diesen Regionen kongolesische
Selbstverteidigungsmilizen stärker geworden, die mit zumindest
stillschweigender Duldung durch Kongos Armee die lokale Bevölkerung vor der
FDLR zu schützen versuchen.
Im Sommer 2011 wurden die Regierungstruppen in Shabunda und Walikale zwecks
Reorganisation kaserniert. Somit blieben nur die FDLR und die beiden
Selbstverteidigungsmilizen "Rai-Mutumboki" in Shabunda und "Guides" in
Walikale übrig. Dies führte zu intensiven Kämpfen und Fluchtbewegungen.
## Hutu-Kämpfer haben Rache für den Tod ihres Oberst geschworen
In den vergangenen Monaten haben die "Guides", die ihre Kämpfer aus dem
Volk der Bahunde rekrutieren, eine Reihe von Gemeinden in Walikale
eingenommen, die seit vielen Jahren unter FDLR-Kontrolle gestanden hatten.
Anfang Dezember war sogar der hochrangige FDLR-Oberst Sadiki von
kongolesischen Milizionären getötet worden. Daraufhin hatten die
ruandischen Hutu-Kämpfer Rache geschworen.
"Die FDLR auf der Flucht machen alles platt, was sich ihnen in den Weg
stellt, und die Behörden in Walikale sprechen von Tausenden von
Flüchtlingen auf dem Weg nach Masisi", berichtete vergangene Woche
gegenüber der taz ein lokaler Journalist und sprach von einem lediglich
"taktischen" Rückzug der FDLR. "Die Guides schaffen eine Lage, die sie
nicht beherrschen, und das wird noch mehr Unsicherheit für die Bevölkerung
bedeuten, wenn die Armee nicht eingreift. Aber die Regierung sagt nichts,
und die Armee hat nie reagiert."
Jetzt ist die FDLR offenbar im Begriff, das verlorene Terrain brutal
zurückzuerobern. Die neuen Gräueltaten ähneln denen aus dem Jahr 2009, für
die FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka und sein Stellvertreter Straton
Musoni derzeit in Stuttgart vor Gericht stehen. Ihr Prozess wird am Montag
wieder aufgenommen.
5 Jan 2012
## AUTOREN
Dominic Johnson
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