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# taz.de -- Kommentar Kriegsverbrecherprozess: Eine Verhöhnung der Opfer
> Der Internationale Strafgerichtshofs befindet, der Terrorfeldzug der FDLR
> sei kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Richter müssen zur
> Besinnung kommen.
Ganze Dörfer ausradiert, hunderttausende Zivilisten vertrieben, Frauen
bestialisch vergewaltigt: Der Terrorfeldzug der ruandischen Hutu-Miliz FDLR
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) gegen Zivilisten in den von
ihr kontrollierten Gebieten der Demokratischen Republik Kongo 2009 ist
breit dokumentiert und belegt.
[1][In Stuttgart stehen deswegen zwei FDLR-Führer vor Gericht], in Den Haag
wurden in Vorbereitung eines Prozesses gegen einen dritten
FDLR-Verantwortungsträger Dutzende Zeugenaussagen mit teils entsetzlichen
Schilderungen zusammengetragen. Und nun befindet die zuständige Kammer des
Internationalen Strafgerichtshofs, die geschilderten Taten seien keine
Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Verfahren sei einzustellen.
Das ist eine Verhöhnung der Kriegsopfer, die teils unter hohem persönlichen
Risiko traumatische Erfahrungen zu Protokoll gaben, welche nach dem Willen
der beiden Richter aus Brasilien und Italien jetzt im Papierkorb landen
sollen. Dass sich die Vorsitzende Richterin aus Botswana – eine
afrikanische Frau – dagegen nicht durchsetzen konnte, wirft ein seltsames
Licht auf die Kräfteverhältnisse in Den Haag. Und wenn der Strafgerichtshof
Verbrechen von Milizen nicht ahnden kann, weil die Beweiserhebung schwierig
ist, wozu ist ein solches Gericht dann überhaupt da?
Eine bis heute kämpfende Miliz vor Gericht zu stellen, ist keine
Vergangenheitsbewältigung. Es ist Gegenwartsbewältigung. Die Täter sind
weiter aktiv, ihre Opfer leben weiter in Angst, viele Tatorte sind
unzugänglich, Ermittlungen sind schwieriger als bei der Untersuchung
abgeschlossener Konflikte.
Das alles ist eine große Herausforderung. Aber genau deswegen wurde der
Internationale Strafgerichtshof einst gegründet. Und genau deswegen wären
die Auswirkungen einer Verfahrenseinstellung gegen die FDLR katastrophal.
Den Haags Richter sollten sich auf ihren Auftrag besinnen und ihren
unsinnigen Beschluss kassieren.
18 Dec 2011
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Kongo-Kriegsverbrecherprozess/!t28/
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
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