# taz.de -- Kommentar Dresdner Nazi-Blockade: Rechtsstaat auf Bewährung | |
> Weder Neonazis noch Gegendemonstranten waren in Dresden 2011 die größte | |
> Gefahr für die Grundrechte - sondern die Behörden. Nun müssen die Bürger | |
> diese selbst verteidigen. | |
Selten war das Urteil so deutlich und die Strafe so gering: Nicht die | |
Neonazis, auch nicht die Gegendemonstranten, so sagt es das | |
Grundrechtekomitee, sondern die sächsischen Behörden waren rund um die | |
Dresdner Nazidemonstrationen im Februar 2011 die größte Gefahr für die | |
Gültigkeit von Grundrechten in Sachsen. | |
Das Tragische daran ist, dass dieser zutreffenden Analyse juristisch nichts | |
folgt. Denn es sind ja gerade die Staatsanwälte und Gerichte, die in | |
Dresden die Beschneidung von Grundrechten an vorderster Front | |
vorangetrieben haben. Bei den nun anstehenden Demonstrationen am 13. | |
Februar geht es daher längst nicht mehr nur um Neonazis. In Dresden sind | |
die Bürger gefragt, ihre eigenen Grundrechte zu verteidigen. | |
Der Schaden, den die sächsische Landesregierung, Gerichte, Polizei und | |
Staatsanwaltschaft ihrem Bundesland bislang zugefügt haben, ist enorm. Eine | |
demonstrationsfreie Zone wollten die Staatsvertreter 2011 ausrufen; mit | |
verwegenen Rechtskonstrukten und breit angelegten Überwachungsmaßnahmen | |
haben sie Demonstranten belangt. Das wirkte nicht nur einschüchternd, | |
sondern auch abschreckend. | |
Heute ist festzustellen, dass die Behörden an einigen Stellen gelernt | |
haben. Auf ihre Eskalationsstrategie, die halbe Stadt effektiv nur für | |
Neonazis zu reservieren, wollen sie künftig verzichten. Auch rufen | |
inzwischen viele CDU-Politiker zu friedlichen Protesten auf - ein | |
Fortschritt. Doch kurz vor den kommenden Demonstrationen wird auch das | |
Säbelrasseln wieder lauter: Die Polizei hat angekündigt, hart gegen | |
Blockierer vorgehen zu wollen. Und der Justizminister will nicht | |
ausschließen, dass es erneut zur Überwachung von Handys kommt. | |
Das zeigt deutlich: Den Angeklagten auf der sächsischen Regierungsbank | |
fehlt die Sensibilität und das Reuegefühl, die Rückfallgefahr ist groß. Am | |
13. Februar steht der sächsische Rechtsstaat unter Bewährung. Er sollte gut | |
überwacht werden. | |
2 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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