| # taz.de -- Keine Klagen in Italien möglich: Nazi-Opfer scheitern am Völkerre… | |
| > Der IGH hat über italienische Gerichtsurteile gegen Deutschland | |
| > entschieden. Opfer deutscher Kriegsverbrechen dürfen nicht im Ausland | |
| > klagen, so das Urteil. | |
| Bild: Kein entsprechendes Gewohnheitsrecht: IGH-Präsident Hisashi Owada bei de… | |
| FREIBURG taz | Die Opfer deutscher Kriegsverbrechen können nicht vor | |
| ausländischen Gerichten gegen Deutschland klagen. Dem steht das Prinzip der | |
| Staatenimmunität entgegen. Das entschied am Freitag der Internationale | |
| Gerichtshof (IGH) in Den Haag. Das Urteil hat globale Bedeutung. Ausgelöst | |
| wurde das Verfahren durch Urteile des italienischen Kassationsgerichtshofs. | |
| Beginnend 2004, hatte er Opfern deutscher Kriegsverbrechen Schadenersatz | |
| gegen Deutschland zugesagt. Konkret ging es um vier Gruppen: | |
| - Italiener, die nach Deutschland zur Zwangsarbeit verschleppt wurden. | |
| - Italienische Soldaten (Militärinternierte), denen der Status als | |
| Kriegsgefangene verweigert wurde und die Zwangsarbeit in Deutschland | |
| leisten mussten. | |
| - Die Überlebenden und Hinterbliebenen deutscher Weltkriegsmassaker in | |
| Italien, zum Beispiel in Civitella. | |
| - Die Überlegenden und Hinterbliebenen solcher Massaker in Griechenland, | |
| zum Beispiel in Distomo, die ihre Forderungen dort nicht durchsetzen | |
| konnten. | |
| Deutschland erkannte zwar an, dass es sich dabei jeweils um großes Unrecht | |
| handelte. Eine individuelle Entschädigung wurde aber abgelehnt. Vor allem | |
| aber kritisierte Deutschland, dass der italienische Gerichtshof deutsche | |
| Souveränitätsrechte verletzt habe. Unter Außenminister Frank-Walter | |
| Steinmeier (SPD) beschloss Berlin deshalb 2008, Italien beim IGH zu | |
| verklagen. | |
| Das Prinzip der Staatenimmunität besagt, dass kein Staat über einen anderen | |
| Staat zu Gericht sitzen soll. Deshalb müssen nach einem Krieg | |
| Entschädigungen von den beteiligten Regierungen ausgehandelt werden und | |
| können nicht einseitig von möglicherweise opferfreundlichen Gerichten | |
| festgelegt werden. | |
| ## Keine Anhaltspunkte für neue Rechtspraxis | |
| Bei der mündlichen Verhandlung im letzten September akzeptierte auch | |
| Italien im Prinzip die Staatenimmunität. In den konkreten Fällen müsse sie | |
| aber durchbrochen werden, weil es um besonders schwere Verbrechen gehe und | |
| Opfer und Hinterbliebene keine andere Chance hätten, von Deutschland | |
| Schadenersatz zu erhalten. | |
| Beide Argumente lehnte der 15-köpfige IGH nun mit zwölf zu drei | |
| Richterstimmen ab. Die Staatenimmunität beruhe auf Völkergewohnheitsrecht. | |
| Dieses könne sich zwar ändern, wenn sich die Rechtsüberzeugung und die | |
| Praxis der Staaten ändere, so der japanische IGH-Präsident Hisashi Owada. | |
| Dafür gebe es aber kaum Anhaltspunkte. | |
| Mit 14 zu einer Richterstimme rügte der IGH, dass das deutsche | |
| Kulturzentrum Villa Vigoni am Comer See von Italien mit einer | |
| Zwangshypothek versehen wurde. Aus dessen Versteigerungserlös sollten die | |
| Entschädigungszahlungen finanziert werden. | |
| Ebenfalls mit 14 zu einer Stimme wurde beanstandet, dass griechische | |
| Urteile in Italien vollstreckt werden sollten. | |
| Dass Deutschland den Prozess gewinnen wird, war weithin erwartet worden. | |
| Allerdings hatten Menschenrechtsgruppen gehofft, dass die Richter vor allem | |
| mit der Rechtslage in den 1940er-Jahren argumentieren. Stattdessen stellten | |
| sie aber ganz auf die Zeit ab Beginn der italienischen Verurteilungen 2004 | |
| ab. Es ist also nicht damit zu rechnen, dass sich die Rechtsprechung des | |
| IGH zur Staatenimmunität bald ändern wird. Die Richter forderten | |
| Deutschland allerdings ausdrücklich auf, mit Italien in neue Verhandlungen | |
| über Entschädigungen zu treten. | |
| 3 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| Zwangsarbeit | |
| Aufarbeitung | |
| Joachim Gauck | |
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